Verbesserung der Motivationsdiagnostik von Lehrkräften
Basic data for this talk
Type of talk: scientific talk
Name der Vortragenden: Beck, J., & Dutke, S.
Date of talk: 28/01/2025
Talk language: German
Information about the event
Name of the event: Zwölfte Jahrestagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung
Event location: Mannheim
Abstract
Motivation ist zentral für erfolgreiche Lernprozesse. Schüler*innen unterscheiden sich jedoch anhand motivationaler Beweggründe, Ziele, und Anreize. Um demnach individualisiert Motivation zu wecken und gegebenenfalls zu fördern, ist es für Lehrkräfte wichtig, Kenntnis über die Motivation ihrer Schüler*innen zu haben. In vergangenen Untersuchungen wurde allerdings gezeigt, dass die Einschätzungen zur Motivation der Schüler*innen nur gering zwischen Lehrkräften und den schülerseitigen Selbstberichten übereinstimmen (Urhahne & Wijnia, 2021), unabhängig von den motivationalen Aspekten, die sie einschätzen sollten (z.B. Zielorientierungen, Dicke et al., 2012; selbstbestimmte Motivation, Dutke & Hinnersmann, 2015). Entsprechend des Realistic Accuracy Models (Funder, 2012) könnte die mangelnde Übereinstimmung an der Verfügbarkeit relevanter Informationen liegen, die benötigt werden, um übereinstimmende Urteile zu fällen. Insbesondere im Schulalltag könnte die Motivation von Schüler*innen eine untergeordnete Rolle für Lehrkräfte spielen, zugunsten eines starken Fokus auf Kompetenzziele der Schüler*innen und deren Erreichung. Für Lehrkräfte, die mehr Kenntnis motivational relevanter Aspekte ihrer Schüler*innen haben und die sich zum Beispiel Rückmeldungen einholen, dürfte die Motivation der Schüler*innen demgegenüber stärker im Fokus stehen und die Übereinstimmung zwischen Lehrkräften und Schüler*innen größer sein (vgl. Wentzel et al., 2010). Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es deshalb, (a) Lehrkräften mehrmals Informationen zur Selbsteinschätzung der Motivation ihrer Schüler*innen zu geben, damit sie ihre Einschätzungen abgleichen können, und (b) zwischen diesen Einschätzungen mit einzelnen Schüler*innen über deren Motivation zu kommunizieren. Beides soll letztlich die Übereinstimmung in den Motivationsurteilen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen verbessern. Im Rahmen einer Pilotstudie nahmen 8 Lehrkräfte (M = 45.9 Jahre, SD = 10.0, 6 davon weiblich) und deren 154 Schüler*innen (M = 14.5 Jahre, SD = 2.0, 41.8% weiblich, 29.6% Migrationshintergrund) teil. Auf der Tagung werden die Daten von mindestens 13 Lehrkräften präsentiert, was eine Power-Simulation für den gewünschten Interaktionseffekt (α = .05, power = .80, 1.000 Simulationen je Schritt) ergab. Zu 5 Zeitpunkten schätzten sowohl Lehrkräfte als auch Schüler*innen gleichzeitig die Motivation der Schüler*innen im aktuellen Fachunterricht ein. Die Schüler*innen gaben dabei ihre Annäherungs-Aufgabenziele anhand von 4 Items an (eine wesentliche Facette der Masterziele im Sinne der hexagonalen Zielstruktur nach Daumiller et al., 2019; Cronbach’s α = .91). Lehrkräfte schätzten die Motivation aus ökonomischen Gründen anhand eines Single-Items ein, indem sie berichteten, wie motiviert sie die einzelnen Schüler*innen im aktuellen Fachunterricht hielten (9-P Likert Skala, „wenig motiviert“ bis „sehr motiviert“). Lehrkräfte erhielten ein bis zwei Tage nach ihrer Einschätzung Feedback über die Annäherungs-Aufgabenziele ihrer Schüler*innen, transformiert auf die gleiche 9-P Likert Skala wie ihre eigenen Einschätzungen. Danach hatten die Lehrkräfte im Median 6 Tage Zeit, um mit den Schüler*innen individuell über die Ursachen der Einschätzungsdiskrepanz zu sprechen (in Summe 33 Gespräche), bevor beide erneut die Motivation einschätzten. Die Daten wurden mit linearen gemischten Modellen auf 3 Ebenen (713 Einschätzungen genestet in 154 Schüler*innen und in 8 Lehrkräften bzw. Klassen) analysiert, die für die vorliegende Stichprobe präzise Modellierungen erlaubten. Das Nullmodell zeigte, dass Lehrkrafteinschätzungen hoch zwischen Schüler*innen (ICC = .58) und leicht zwischen Lehrkräften (ICC = .10) variierten. Das Hinzufügen von Annäherungs-Aufgabenzielen zeigte, dass Lehrkrafteinschätzungen gering mit Annäherungs-Aufgabenzielen zusammenhingen (β = .20, p < .001). In Interaktion mit Zeit (Zeitpunkt 1 bis 5) veränderte sich die Lehrkraft-Schüler*innen-Übereinstimmung leicht positiv (β = .06, p = .018). Die vorläufigen Ergebnisse bestätigen zum einen die empirische Evidenz, dass Lehrkräfte gering mit Schüler*innen in motivationalen Aspekten übereinstimmen. Zum anderen zeigt bereits die Stichprobe der vorliegenden Pilotierung, dass die eingesetzte Intervention, regelmäßig Feedback zur Übereinstimmung der eigenen Einschätzung mit der der Schüler*innen zu erhalten, ein effektives, niedrigschwelliges Hilfsmittel sein kann, das Lehrkräften erleichtert, motivationale Aspekte ihrer Schüler*innen zu erkennen und gewinnbringend für die Gestaltung von Unterricht und Lernen zu nutzen.
Keywords: Motivationsdiagnostik; diagnostische Kompetenz; Feedback; Lehrer-Schüler-Interaktion
Speakers from the University of Münster
Beck, Jan Ulrich | Professorship of Psychology of Learning in Education and Instruction (Prof. Dutke) |
Dutke, Stephan | Professorship of Psychology of Learning in Education and Instruction (Prof. Dutke) |