Perspektiven von angehenden Lehrkräften auf (unterrichtsbezogene) Medienkompetenzen in Zeiten digitaler Semester

Paulus D, Veber M, Gollub P

Forschungsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewed

Zusammenfassung

Die ‚Standards für die Lehrerbildung‘ der Kultusministerkonferenz benennen die Medienbildung als phasenübergreifenden Schwerpunkt, der bislang nicht flächendeckend in die Ausbildungsordnungen integriert ist (Kerres, 2020). Die Kompetenzen sind vorwiegend den Bereichen Unterrichten und Innovieren zugeordnet (KMK, 2019). Mit dem Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt" (KMK, 2016), dem DigitalPakt Schule (BMBF, 2019) und dem Medienkompetenzrahmen NRW (2019) liegen darüber hinaus bildungspolitische Konkretisierungen vor, die (auch) eine adäquate Medienbildung angehender Lehrkräfte eine Digitalisierung des Unterrichts einfordern. Das Distanzlernen während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 hat auch offenbart, dass das Wissen über die Einstellungen von Lehrkräften zur Digitalisierung von Unterricht Leerstellen aufweist (Petko, Honegger & Prasse, 2018). Der mediale Habitus und die medienpädagogische Kompetenz von Lehrkräften sind bislang erst ansatzweise Gegenstand von Forschung (u.a. Bäsler, 2019; Billes-Gerhart, 2009; Biermann, 2009) wie die diesbezügliche Selbsteinschätzung von angehenden Lehrpersonen (Rubach und Lazarides, 2019). In der MEDAL-Studie wurden angehende Lehrkräfte aus dem internationalen deutschsprachigen Raum zu ihren Medienkompetenzen befragt. In diesem Rahmen äußern die Studierenden abschließend ihre „Gedanken" zum Thema „Medienkompetenz". Die Antworten auf die offene Frage werden, inspiriert durch einen Ansatz der Grounded Theory Methodology, in einem iterativ-zyklischen Forschungsprozess kodiert, da sie Einblicke in die studentischen überzeugungen und Einstellungen zu (unterrichtsbezogenen) Medienkompetenzen bieten. Hierbei sind Fragen nach der Wahrnehmung der „Corona-Krise" ebenso erkenntnisleitend, wie formulierte Herausforderungen und Bewältigungsstrategien in Bezug auf Medienkompetenzen. Die Ergebnisse aus der Studie deuten auf einen „Digitalisierungsschock" unter den Studierenden hin. Diese sehen sich einerseits als junge Lehrpersonen mit der Erwartungshaltung konfrontiert, die digitale Transformation der Schulen wesentlich voranzutreiben; andererseits fühlen sich die angehenden Lehrpersonen auf diese Anforderung nicht adäquat durch die Lehrer*innenbildung vorbereitet und beklagen dies explizit. Aus dieser Unsicherheit treten vermehrt Forderungen zu Tage, dass die Hochschulen auf diese „neue" Anforderung reagieren und unterrichtsvorbereitende Seminare mindestens anbieten, wenn nicht sogar verpflichtend sein müssten. Hierbei zeigen sich dichotome Bewältigungsstrategien: einerseits reagieren die Studierenden auf die als mangelhaft empfundene Thematisierung mit autodidaktischer Initiative; andererseits wird mehrheitlich die Verantwortung bei den Hochschulen verortet, sodass eine Delegation der Anforderung an externe Institutionen festzustellen ist. Interessant ist, dass die Relevanz von Medienkompetenzen von fast allen Befragten nicht negiert wird. Die subjektive Bedeutsamkeit scheint sich zudem aus Erfahrungen aus Praktika zu ergeben: die Studierenden berichten von anscheinend nicht ausreichend professionellen Lehrpersonen, die Probleme mit der Integration von neuen Technologien in den Unterricht haben. Auf Basis dieser Befunde werden Schlussfolgerungen für die Lehrer*innenbildung und Professionalisierung der Lehrenden diskutiert.

Details zur Publikation

Herausgeber*innenReintjes Ch, Porsch R, im Brahm G
BuchtitelDas Bildungssystem in Zeiten der Krise – Empirische Befunde, Konsequenzen und Potentiale für das Lehren und Lernen
Seitenbereich205-220
VerlagWaxmann
ErscheinungsortMünster
Auflage1
StatusVeröffentlicht
Veröffentlichungsjahr2021
Sprache, in der die Publikation verfasst istDeutsch
StichwörterLehrerbildung; Medienbildung; digitales Semester; rekonstruktive Forschung

Autor*innen der Universität Münster

Gollub, Patrick
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE)
Paulus, David
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE)