Paulus D, Gollub P, Veber M
Forschungsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewedSeit Jahren erfolgt eine quantitative Ausweitung der Praxisbezüge in der Lehrer*innenbildung; dies betrifft neben den Praxisphasen auch die oftmals curricular eingebundene Lernwerkstattarbeit. Mit dieser Konzipierung verbindet sich die Absicht, den Professionalisierungsprozess der Lehramtsstudierenden zu unterstützen, indem sie verstärkt am Lernort Schule partizipieren. Um dem „Imitationslernen in verlängerten Praxisphasen" (Rothland & Boecker, 2014, S. 386) vorzubeugen, ist der Erwerb und Ausbau von Reflexivität eine Voraussetzung, um in der Praxis gewonnene Erfahrungen kritisch und differenziert zu hinterfragen. Auf diese Weise kann die Brücke zwischen bildungspolitischem und erziehungswissenschaftlichem Anspruch und Effekten auf Seiten der angehenden Lehrpersonen beschritten werden. So kann der Gefahr unreflektierter Übernahmen von Erfahrungswissen und Handlungsmustern durch eine rein deskriptive Reflexion vorgebeugt werden (Brendel, 2017).Folglich ist die Frage evident, wie Reflexionenhochschuldidaktisch gestaltet werden können, damit Reflexivität bei angehenden Lehrer*innen an Substanz und Nachhaltigkeit gewinnt.Der Beitrag präsentiert die Verknüpfung von Lernwerkstattarbeit in der Lehrer*innenbildung und Kasuistik, indem ein Dreischritt vorgenommen wird: Welcher Gewinn kann vonder Verbindung ausgehen?Kann die Lernwerkstattarbeit einen Beitrag zur Verzahnung von Theorie und Praxis leisten? Worin liegen die Perspektiven kasuistischen Vorgehens für die Professionalisierung von Lehramtsstudierenden? Kasuistik lässt sich im Rahmen von Praxisphasen legitimieren, indem sie zur Professionalisierung beiträgt, wobei auch die Verortung in der Lehrer*innenbildung zu klären ist (Leonhard et al., 2018). Expliziert wird dieser hochschuldidaktische Ansatz anhand der Herausforderung Diversität. Dabei liegt der erste Schritt für die Studierenden in einem tieferen Verstehen schulischer Praxis, zu der eine kritisch-reflexive Haltung eingenommen werden soll. Auf dieser Basis können sukzessiv Handlungsoptionen für Schul- und Unterrichtsentwicklung entwickelt werden. Lern- aber auch Forschungswerkstattarbeit dient als Schnittstelle von Theorie und Praxis, in der Studierende in Einzelfällen die Bedeutsamkeit forschenden Lernens als essenziell für ihre Berufsbiografie erkennen. In diesem Kontext sollen sie u.a. für die Heterogenität der Schüler*innen sensibilisiert werden. Abschließend werden die konzeptionellen Überlegungen anhand von konkreten Praxisbeispielen der Lernwerkstattarbeit skizziert.Literatur:Brendel, Nina: Reflexives Denken im Geographieunterricht. Eine empirische Studie zur Bestimmung von Schülerreflexion mithilfe von Weblogs im Kontext Globalen Lernens. Münster u.a.: Waxmann 2017.Leonhard, Tobias; Košinár, Julia; Reintjes, Christian (Hrsg.): Praktiken und Orientierungen in der Lehrerbildung. Potentiale und Grenzen der Professionalisierung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2018.Rothland, Martin; Katharina Boecker: Wider das Imitationslernen in verlängerten Praxisphasen. Potenzial und Bedingungen des Forschenden Lernens im Praxissemester. In: Die Deutsche Schule 106 (2014), H. 4, S. 386-397.
Gollub, Patrick | Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) |
Paulus, David | Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) |