Nachdem auch in Deutschland in den letzten Jahren ein steuerungsstrategischer Paradigmenwechsel im Schulsystem hin zu Output- und Wettbewerbssteuerung vollzogen wurde, konzentriert sich die Aufmerksamkeit der empirischen Bildungsforschung vor allem auf die Überprüfung der Wirksamkeit der neuen Steuerungsinstrumente. Inwieweit durch die Steuerungsinnovationen reale Effizienzgewinne im Schulsystem zu erreichen sind, kann erst beurteilt werden, wenn auch nicht-intendierte Effekte mit in die Gesamtbilanz der Neuen Steuerung einbezogen werden. Verschiedene Gründe sprechen für eine systematische Erforschung der Nebenwirkungen Neuer Steuerung: In der internationalen Forschungsliteratur zeigt sich seit einigen Jahren eine zunehmende Aufmerksamkeit für nicht-intendierte Effekte Neuer Steuerung im Schulsystem. Dies gilt insbesondere für Länder, die schon auf eine längere Erfahrung mit neuen Steuerungsinstrumenten zurückblicken. Hinzu kommen Arbeiten über Nebenwirkungen Neuer Steuerung in anderen Bereichen des öffentlichen Sektors (kommunale Verwaltung, Gesundheitswesen, Sozialhilfe etc.). Zur Erklärung entsprechender Phänomene finden sich inzwischen zahlreiche Beiträge aus unterschiedlichen Theorietraditionen, so dass das Feld interdisziplinärer Theoriebildung zur Transintentionalität des Sozialen stärkere Konturen gewonnen hat. Das Forschungsprojekt greift diese interdisziplinäre Theoriebildung sowie die Ergebnisse der einschlägigen internationalen Forschungsliteratur auf, um einen theoretisch ausgewiesenen Ansatz zur systematischen Erforschung nicht-intendierter Effekte Neuer Steuerung im Schulsystem zu entwickeln und in vier Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Thüringen) empirisch zu erproben. Im Mittelpunkt des Projekts steht eine mehrstufige Instrumentwicklung, deren Ergebnis ein Screening-Instrument sein soll, das Kultusministerien, Schulverwaltungen und -trägern sowie ggf. Schulen zusammen mit einem Manual zur systematischen Reformfolgenforschung an die Hand gegeben werden soll. Die in diesem Zusammenhang geplanten umfangreichen Befragungen von Schulleitern und Lehrern mit qualitativen und quantitativen Untersuchungsinstrumenten haben vorwiegend deskriptiven Charakter hinsichtlich der Erforschung von Nebenwirkungen und ihrer Verbreitung. Durch die Einbeziehung von kontrastiven Vergleichen auf unterschiedlichen Ebenen (Bundesländer, Schularten, Schulen, Akteursgruppen, Akteure) sollen darüber hinaus Einzelhypothesen überprüft werden, die Zusammenhänge zwischen den von den Akteuren berichteten und beobachteten nicht-intendierten Einstellungs- und Verhaltenseffekten mit anderen Variablen betreffen. Auf diese Weise werden differentielle Effekte neuer Steuerungsinstrumente insbesondere auf der Meso- und Mikroebene des Schulsystems genauer beschreibbar. Dies ist wiederum die Voraussetzung dafür, die Risiken neuer Steuerungsinstrumente sowie die Randbedingungen für ihren erfolgreichen Einsatz genauer zu bestimmen.
Bellmann, Johannes | Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft (Prof. Bellmann) |
Bellmann, Johannes | Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft (Prof. Bellmann) |
Duzevic, Doris | Arbeitsbereich Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft |
Schweizer, Sebastian | Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft (Prof. Bellmann) |
Thiel, Corrie | Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft (Prof. Bellmann) |