Kinder setzen sich mit Veränderungen aktiv als kompetente Akteur:innen mit ihrer Umwelt auseinander. Insbesondere in Übergangsphasen verdichten sich diese Veränderungen – im Sinne des Transitionsansatzes von Griebel und Niesel als Entwicklungsaufgaben – für deren Bewältigung einerseits das individuelle Erleben und Bewerten dieser Diskontinuitäten durch Ko-Konstruktion mit der Umwelt bedeutsam ist, andererseits auf dieser Basis schulisches Wohlbefinden (Hascher 2004) als Voraussetzung und Zielperspektive für erfolgreiches und anschlussfähiges Lernen im Schulanfang gesehen werden kann (Streffer 2020). Bisherige Forschung zu Anpassungsverläufen weist dabei deutlich die Bedeutung frühkindlicher sowie vorschulischer Erfahrungen aus, die als sog. Schutzfaktoren begünstigende Rahmenbedingungen in Übergangsphasen beschreiben (Kluczniok/Roßbach 2014, Eckerth/Hanke/Hein 2020) und langfristige Auswirkungen auf die Übergangsbewältigung und den Schulanfang des Kindes einnehmen können (Faust/Wehner/Kratzmann 2012, Sturmhöfel 2016). Diese lassen sich sowohl für das Kind in seinen individuellen Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmalen und Selbstbestimmungsmöglichkeiten (individuell), als auch für stabile und kontinuierliche soziale Beziehungen (sozial) sowie institutionelle und professionsbegleitete Transitionsaktivitäten (kontextuell) beschreiben (Eckerth/Hanke 2015, Streffer 2020). Mit Blick auf Forschungsergebnisse zur Kinderperspektive lassen sich insbesondere Freundschaftsbeziehungen und Peer-Interaktionen als bedeutsam für Übergangsphasen und schulisches Wohlbefinden identifizieren (Kordulla 2016, Hein/Streffer 2019). Pandemiebedingte Einschränkungen verlagerten zuletzt konventionelle frühkindliche Erfahrungsräume und Rahmenbedingungen, in denen die genannten Schutzfaktoren erfahren werden konnten. Aufgrund von Unterbrechungen in den Besuchsmöglichkeiten in Kitas haben Kinder mehr Zeit im familialen Kontext verbracht und deutlich reduzierte Peer-Kontakte, Beziehungen zu professionellen Bezugspersonen sowie Maßnahmen zur Übergangsgestaltung erlebt, was im Erleben von Einsamkeit, Gelegenheiten zum Entwickeln sozialer Fähigkeiten sowie in der ko-konstruktiven Übergangsbewältigung bedeutsam wird (Langmeyer et al. 2020, Seifert/Kieferle 2022). Gleichzeitig sorgen weltweite Geschehnisse (wie Krieg, Klima oder Folgen steigender Inflation) für höhere Belastungssituationen für Familien und Eltern (World Vision 2023) Der familiale Bezugsraum, der als Schutzfaktor für Kinder in Übergangsprozessen zuletzt eine höhere Bedeutung eingenommen hat, unterliegt somit ebenfalls einer veränderten Qualität. Inwiefern Kinder die zahlreichen Veränderungen im Verlaufe der Übergangsphase von der Kita in die Grundschule wahrnehmen und bewerten, stand bereits 2015-2018 im Fokus des Projekt WEGE in die Grundschule (Wissen, Erwartungen und Gefühle von Kindern im Elementarbereich im Übergang in die Grundschule). Mit einer vergleichenden Perspektive werden seit 2022 erneut Kinderinterviews im Verlauf des letzten Kindergartenjahres und des ersten Schuljahres durchgeführt und hinsichtlich einer veränderten Qualität in der Sicht von Kindern auf bedeutsame Entwicklungsaufgaben im Sinne des Transitionsansatzes von Griebel/Niesel (2011) im Rahmen deduktiv-induktiver Kategorienbildung qualitativ-inhaltsanalytisch untersucht und kontrastiert. Erste Ergebnisse aus ca. 300 Kinderinterviews deuten darauf hin, dass sich Kita-Kinder etwas später mit kontextuellen Veränderungen auseinandersetzen, die durch traditionelle Vorstellung von Schule geprägt sind. Deutlich stärker beschreiben Kinder die Bedeutung von Freundschaften in der sozialen Gruppe, die als wesentlicher Aspekt schulischen Wohlbefindens hervortreten. Als Teil des Forschenden Lernens im Studium für das Grundschullehramt setzen sich Studierende eigenständig und differenziert mit professionsbezogenen und aktuellen Fragestellungen der Übergangsthematik auseinander (Huber 2009, Fichten 2010). Durch ihre Partizipation am Projekt ermöglicht das WEGE-Projekt einen für sie bedeutsamen Transfer in die eigene berufliche Praxis. Ergebnisse des Projekts können so unmittelbar im Hinblick auf die Gestaltung des Übergangs und einen anschlussfähigen Anfangsunterricht, insbesondere unter den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen diskutiert werden.
Hein, Anna Katharina | Arbeitsbereich Schulpädagogik/Schul- und Unterrichtsforschung |
Streffer, Henrik | Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) |