Rolfes, Anne
Research article (journal) | Peer reviewedAnfang des 16. Jahrhunderts wird im Lob der Torheit von Erasmus von Rotterdam das Streben nach Perfektion und Weisheit paradoxerweise als unmenschlich und töricht bewertet. Trotz des Einflusses der Schrift auf die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters findet diese Sichtweise dort keine Entsprechung. Stattdessen wird mit Nachdruck zwischen einer falschen Selbstperfektionierung, die nach weltlichem Erfolg strebt und eitel ist, und einer wünschenswerten Selbstperfektionierung, die mit der Tugend gleichgesetzt wird, unterschieden, indem diejenigen, die den falschen Zielen folgen, als Narren oder sogar Monster bezeichnet und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Umso bemerkenswerter ist ein Text aus dem 20. Jahrhundert, den man trotz des großen zeitlichen Abstands in gewisser Hinsicht als Gegenentwurf lesen kann: Im Sanatorio del optimismo muss die Vernunft in Ketten gelegt werden, um die Menschen zu heilen. Der Traum von einer besseren Menschheit soll nicht mit Weisheit, sondern mit guter Laune, Lachen und Fantasie erreicht werden.
Rolfes, Anne | Department of Romance studies |