Schulze Reiner, Vormbaum Thomas, Schmidt Christine D, Willenberg Nicola
Book (edited collection) | Peer reviewedDie durch die Aufklärung angestoßene Reform des weltlichen und kirchlichen Rechtssystems gilt als ein wesentlicher Bestandteil und Katalysator des »Modernisierungsprozesses«. Ein zentrales Moment dieses Wandels ist die Verschiebung der Straffunktion. Die von Richard van Dülmen als »Theater des Schreckens« beschriebenen, öffentlich vollzogenen Strafen der frühen Neuzeit dienten neben ihrem unmittelbaren Strafzweck auch als Medium der ihnen zugrunde liegenden Werte und Normen und zur nachträglichen Legitimation eines nicht öffentlich gefällten Urteils. Im Gegensatz dazu wird den als human und rational charakterisierten Strafen der Moderne keinerlei Bedeutungsüberschuss mehr beigemessen. Vor diesem Hintergrund gehen die von Rechtswissenschaftlern und Historikern verfassten Beiträge des Bandes »Strafzweck und Strafform zwischen weltlicher und religiöser Wertevermittlung« aus straftheoretischer und strafpraktischer Perspektive über die alten Epochengrenzen hinweg der Frage nach Brüchen oder stetigem Wandel im Hinblick auf Strafvorstellungen und -formen nach. Der Zusammenhang von Strafform und Strafsinn, die Funktion der Strafe für den Verurteilten, die Gemeinschaft und die Obrigkeit, die Rolle der Öffentlichkeit im Hinblick auf Strafverfahren und Strafvollzug stehen ebenso im Fokus wie die Bedeutung symbolischer Ausdrucksformen im Kontext sich wandelnder Gesellschafts- und Werteordnungen. Ein zentraler Aspekt ist dabei nicht nur die Überprüfung der vermeindlichen Irrationalität des vormodernen Strafsystems, sondern auch die Frage nach der Rolle und Wirkung der Religion, als wesentlicher Bestandteil des den Strafen zugrunde liegenden Wertesystems.
Schulze, Reiner | Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Zivilrecht (Prof. Schulze) (RG4) |
Vormbaum, Thomas | FB03 - Faculty of Law (FB03) |
Willenberg, Nicola | Dez. 6 Abt. 6.5 Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) |