Mende Silke
Research article (journal) | Peer reviewedIn den vergangenen beiden Jahren wurden in Deutschland drei große Demokratiejubiläen begangen: 175 Jahre 1848er-Revolution, 75 Jahre Grundgesetz sowie 35 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall. Sie alle standen unter dem Eindruck aktueller Krisendiskurse um Demokratie und Parlamentarismus. Ausgehend davon diskutiert der Essay aktuelle geschichtswissenschaftliche Deutungsangebote sowie prägende Narrative und politisch-gesellschaftliche Dynamiken im öffentlichen Gedenken an diese drei Wegmarken der deutschen Geschichte. Nach einem kurzen Überblick zu den Demokratiejubiläen widmen sich die beiden folgenden Abschnitte zunächst der Erinnerung an 1848/49 sowie anschließend der an 1948/49 in Verbindung mit 1989/90. Das Fazit fragt, was Demokratie gedenken und erinnern im Deutschland der 2020er Jahre über die Zeitgeschichte der Demokratie als Geschichte der Gegenwart aussagt. Wie der Artikel zeigt, kennzeichneten die Demokratiejubiläen drei übergreifende Gemeinsamkeiten: Erstens eine gestiegene Sensibilität für demokratiegeschichtliche Leerstellen und Marginalisierungserfahrungen; zweitens eine größere Aufmerksamkeit gegenüber radikal- und direktdemokratischen Elementen demokratischer Teilhabe; und schließlich, drittens, eine herausgehobene Bedeutung von Bezügen und Kategorien „jenseits des Nationalstaats“, was sowohl lokal- und regionalgeschichtliche als auch transnationale und teils auch globale Perspektiven des Erinnerns einschließt.
Mende, Silke | Professorship of Modern and Contemporary History with a special focus on the 19th to the 21st century (Prof. Mende) |