Jaroslav Thun gehörte der böhmischen Hocharistokratie an. Sein Leben verbrachte er als Gutsverwalter und Politiker zwischen den mährischen und böhmischen Landsitzen in Kwassitz [Kvasice] und Tetschen [Děčín], den politischen Landeszentren in Brünn und Prag sowie der Hauptstadt Wien. Thuns ausführliches Tagebuch und die Korrespondenz mit seinem Bruder Friedrich Thun, dem langjährigen Statthalter von Böhmen und Ministerpräsidenten Zisleithaniens, geben Einblick in Thuns Lebenswelten und Anschauungen. Speziell werden in dem Forschungsprojekt Thuns Studienzeit in Prag, seine anschließenden Aufenthalte in Galizien, während denen er mit polnischen Adligen verkehrte und Freundschaften schloss (Jerzy Mycielski), sowie seine Tätigkeit als Gutsverwalter und Politiker im mährischen Landtag und im Wiener Reichsrat untersucht. Gefragt wird nach Thuns politischen Vorstellungen und Ansichten und seiner Wahrnehmung des deutschen-tschechischen Konflikts und der nationalen Frage in der Habsburgermonarchie. Einen weiteren zu behandelnden Aspekt stellen Thuns Kontakte zu tschechischen Politikern dar. Speziell erforscht wird Thuns Reaktion auf die Gründung der Tschechoslowakei und die Bodenreform. Neben diesen vorwiegend politischen Gesichtspunkten stehen auch Thuns Privat- und Familienleben und seine religiöse Einstellung im Blickpunkt.
| Lehr, Stefan | Academic Unit: East European History (AOEG) |