Antike Schriftzeugnisse schildern den Goldreichtum Altthrakiens, für den die zahlreichen Goldfunde aus den thrakischen „Königsgräbern“ der Eisenzeit stehen. Bisher ist es jedoch noch nicht gelungen, eine einheimische Goldgewinnung zu belegen, sei es in alluvialen (als Goldseifen) oder primären Lagerstätten. Daher finden in dem bulgarisch-deutschen Gemeinschaftsprojekt „Eisen und Gold – Auf den Spuren der Metallurgie im Alten Thrakien“ (gefördert im Rahmen eines Institutspartnerschaftsprojektes der Alexander-von Humboldt-Stiftung, Bonn zwischen dem Archäologischen Institut mit Museum der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, Sofia und der Westfälischen Wilhelms-Universität, Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie, Münster) seit den Jahren 2008 erstmals systematische montanarchäologische und archäometallurgische Feldforschungen in Bulgarien statt. Sie setzen an im Süden Bulgariens, im Ostteil der Rhodopen am erst vor wenigen Jahren entdeckten Goldbergwerk auf der Kuppe des Ada Tepe bei der heutigen Stadt Krumovgrad (Südost-Bulgarien). Im Rahmen von Voruntersuchungen aus dem Jahre 2005 und des im Jahre 2008 begonnenen Partnerschaftprojektes wurde völlig unerwartet ein ausgedehnten Bergbau auf ungewöhnlich reiche Goldvorkommen auf dem Ada Tepe entdeckt, aber auch die Lokalisierung weiterer, bisher unbekannter Goldbergbautätigkeiten im weiteren Umfeld vorgenommen. Die Bergkuppe Ada Tepe (495 m NN( liegt ca. 3 km südwestlich der Kleinstadt Krumovgrad (Bez. Kardzhali) in den Südöstlichen Rhodopen Bulgariens. Als Goldlagerstätte wurde sie erst ab den 1990er Jahren bekannt und das international operierende Bergbauunternehmen „Dundee Precious Metals“ (Toronto, Kanada) mit bulgarischem Tochterunternehmen „Balkan Mineral and Mining“ führte intensive geologische Prospektionen durch, die letztlich im Jahre 2011 zur Erteilung einer Abbaukonzession führte. Das Institutspartnerschaftprojekt konnte Mitte 2010 in ein zweijähriges Grabungsprojekt überführt werden, in dessen Rahmen das Objekt bis Ende 2012 archäologisch und unter Federführung der Archäologie (Ass.-Prof. Dr. Hristo Popov; Berater: Prof. Albrecht Jockenhövel) interdisziplinär untersucht wird. Die Kosten trägt die Bergbaufirma. Das Projekt hat ein Volumen von ca. 1 Mill. Euro. Es handelt sich um das derzeit größte archäologische Projekt in Bulgarien (es sind 100 Personen tätig). Die noch laufenden, interdisziplinär eng vernetzten Feldforschungen liefern erste gesicherte chronologische Fixpunkte, dienen einer möglichst umfassenden Rekonstruktion der verschiedenen Glieder und Technik der Goldgewinnung (Abbau, Aufbereitung), der Klärung des kulturellen Umfeld (Lage in einen Siedlungssystem) und der externen Kontakte des Goldbergbaus. Die Goldlagerstätte liegt auf der Kuppe des Ada Tepe in der sedimentären Ablagerung, in die aus einer metamorphen Unterlage hydrothermale Lösungen aufstiegen und das Sedimentgestein verfestigten. Das Gold ist vor allem an Quarzgänge gebunden. Sein durchschnittlicher Gehalt beträgt ca. 5-6 g/t. In einigen Quarzadern wurden Werte bis zu 518,8 g/t (!) bestimmt. Mithilfe einer von einem Flugzeug gewonnenen Light detection and ranging (LiDaR)-Aufnahme wird derzeit ein digitales Geländemodell erstellt, das mit Hilfe des Geographischen Informationssystems (GIS) alle geomorphologische Merkmale mit den geologischen, archäologischen Befunden und Funden verknüpft. Die Aufnahmen ermöglichen weitere Lokalisierungen von Altbergbaubefunden in dem Waldgebiet des Ada Tepe. Nach den bisherigen Grabungen reichte der Goldbergbau in der späten Bronzezeit bis in die ältere Eisenzeit, d. h. ca. 1400-ca. 800/700. v. Chr. Jüngere Funde sind bisher bei den Grabungen und Prospektionen nicht gemacht worden, sodass es sich, was im Bergbau fast einmalig ist, um einen seit dieser Zeit unberührten Befund handelt. Warum der Goldbergbau nicht fortgesetzt wurde, bedarf weiterer archäologischer und mineralogischer Untersuchungen, auch zur antiken Umwelt (Klima, Vegetation). Der Bergbau fand als überwiegend als Tagebau vor allem am Osthand der Kuppe statt, wo sich teilweise umfangreichen Halden bildeten. Geoelektrik- und Georadaruntersuchungen seitens der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus lassen ergänzend weitere Hohlräume von vermutlich kleinen Stollen erkennen, von denen einer bereits im Jahre 2005 bereits ausgegraben wurde. Kurz unterhalb der Hügelkuppe lag eine zum Bergbau zugehörige umfangreiche Siedlung, deren innere Struktur noch zu klären ist. Das bisherige Fundmaterial entspricht den zu erwartenden montanarchäologischen Funde und besteht aus Mahlsteinen und Klopfsteinen sowie überraschend viel keramischem Material, darunter einige, aus dem ägäischen Gebiet stammende spätbronzezeitliche Drehscheibenware, die ebenso wie das Fragment einer steinernen Gießform für bronzene Doppeläxte Kontakte zum spätmykenischen-ägäischen Kulturkreis belegt. Das Goldbergwerk auf dem Ada Tepe ist derzeit der ältesten Bergbau auf Berggold in Europa. Es konnte erstmalig eine gesicherte Goldquelle dieser Zeit in Südosteuropa einschließlich des mykenischen-ägäischen Raumes festgestellt, dessen Goldherkunft bisher hypothetisch in einem Gebiet vom Siebenbürgen (Rumänien) bis nach Ägypten vermutet wurde. Wohin das Ada Tepe-Gold gelangte und zu welchen Gegenständen es verarbeitet wurde, muss in einem in Planung befindlichen Anschlussprojekt untersucht werden.
Jockenhövel, Albrecht | Department of Ancient and Early Archaeology |
Jockenhövel, Albrecht | Department of Ancient and Early Archaeology |
Groer, Christian | Department of Ancient and Early Archaeology |
Overbeck, Michael | Department of Ancient and Early Archaeology |