Im byzantinischen Mittelalter gab es weder die explizite Trennung von Staat und Kirche noch konkordatsartige Vereinbarungen. Der Kaiser stand als Stellvertreter Christi über den kirchlichen Oberhäuptern und konnte aus diesem Grund auch immer wieder in kirchliche Belange (Gesetzgebung, Prozesse) eingreifen. Dennoch verkörperte der Patriarch von Konstantinopel - früher als im Westen der Papst - das orthodoxe (kirchliche) Machtmonopol, das dem Kaiser insbesondere bei seiner Krönung Legitimität verleihen konnte. Die übrigen Faktoren der Kaiserkür (Akklamationen durch Heer, Volk und Senat) rückten in den Hintergrund, während der Patriarch im zeremoniellen Ablauf zum fixen und ausschlaggebenden (und möglicherweise institutionalisierten) Bestandteil wurde. Doch war das Wirken des Patriarch nicht nur auf diese Rolle beschränkt, durch die Verwaltung enormer Sach- und Geldwerte und durch die Möglichkeit der Mobilisierung der hauptstädtischen Bevölkerung konnte er zu einem bestimmenden „innenpolitischen“ Faktor heranwachsen. Nach der ersten Phase des Ikonoklasmus scheint das Patriarchat gestärkt hervorgegangen zu sein. Theodoros Studites spricht davon, dass die weltliche und kirchliche Macht auf gleicher Ebene stünden. Etwas später scheiterte der Versuch des Patriarchen Photios, der Macht des kirchlichen Oberhauptes auf theoretischen Begründungen basierend auch einen entsprechenden dem Kaiser übergeordneten Platz einzuräumen. Trotzdem gibt es kurze Phasen in der byzantinischen Geschichte, in denen der Patriarch auch direkt an den Regierungsgeschäften beteiligt war (z.B. Nikolaos Mystikos).
Grünbart, Michael | Professur für Byzantinistik (Prof. Grünbart) |
Grünbart, Michael | Professur für Byzantinistik (Prof. Grünbart) |
Rickelt, Lutz | Department of Byzantine Studies |