Transfer – ganz neu ist der Begriff nicht. Wurde damit früher die Nutzung wirtschaftsnaher bzw. anwendungsorientierter Forschungsergebnisse beschrieben, wird der Begriff heute weiter gefasst. So definiert der Wissenschaftsrat in einem Positionspapier von 2016 Transfer als Übertragung von wissenschaftlichem und technologischem Wissen in Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik im Rahmen unterschiedlicher Aktivitäten. Entsprechend schlägt der Wissenschaftsrat auch Wissenschaftskommunikation dem Transfer zu und zählt Ausstellungen ausdrücklich zu den möglichen Transfermedien. Dies ist nicht überraschend, gelten Museen doch seit dem 19. Jahrhundert als einer der wichtigen Orte, an denen Wissenschaft und ihre Gegenstände zur Anschauung kommen. Die traditionellen Konzepte von Popularisierung oder Wissensvermittlung werden jedoch vom Wissenschaftsrat in Frage gestellt: Transfer sei nicht unidirektional zu denken, sondern als Austauschbeziehung und könne nur gelingen, wenn Inhalte und Methoden auch auf Bedürfnisse und Erwartungen des Publikums antworten. Über die Frage, wie sich solche asymmetrischen Austauschbeziehungen gestalten lassen, wird spätestens seitdem die Literaturwissenschaftlerin Mary Lou Pratt 1991 den Begriff „contact zones“ geprägt hat intensiv diskutiert. Begriffsvarianten wie „trading zones“ (Galison 1997) oder „transaction spaces“ (Nowotny/Scott/Gibbons 2004) deuten ein weiter entwickeltes Verständnis von Wissenschaft und ihrer Transferbeziehungen an. Mit einem so erweiterten Verständnis von Transfer geraten aber auch bisher zu wenig beachtete Aspekte des Leistungsspektrums universitärer Sammlungen in den Blick: die Beratung unterschiedlicher Akteure, Translationsleistungen oder auch kooperative Forschung. Gerade in Universitätssammlungen wurde und wird immer wieder mit neuen Formen des objektorientierten Transfers experimentiert. Dabei stehen Universitätssammlungen aufgrund ihres besonderen Charakters andere Wege offen als z.B. klassischen Museen. Als fruchtbar kann sich die Zusammenarbeit mit anderen „Transferspezialisten“ an den Universitäten erweisen, seien es nun die verschiedenen Fachdidaktiken, Transferzentren oder die Fachabteilungen für Wissenschaftskommunikation. In diesem Sinne zielt unsere Tagung darauf, die Leistungsfähigkeit von Universitätssammlungen für den Wissenschaftstransfer innerhalb und außerhalb der Universität sichtbar zu machen. Die 11. Sammlungstagung, die die Westfälische Wilhelms-Universität Münster gemeinsam mit der Gesellschaft für Universitätssammlungen (GfU) vom 11. bis zum 13. Juli 2019 ausrichtet, diskutiert, welchen Beitrag wissenschaftliche Sammlungen zu universitären Transferaktivitäten leisten können: Welche Formen von Transferaktivitäten sind denkbar? Wie kann etwa ein gelungener bi- oder multidirektionaler Transfer aussehen? Welche Veränderungsprozesse kann die Perspektive auf Transfer in und für Sammlungen mit sich bringen, auch innerhalb der Universität? Für die Tagung freuen wir uns über theoretisch-reflektierende Beiträge sowie die Vorstellung besonders gelungener Praxisbeispiele. Die Tagung ist auch ein Forum, um geplante Projekte zur Diskussion zu stellen.
Kluth, Eckhard | Central Custody |
Kluth, Eckhard | Central Custody |