Chinesische Stille als musikalische Simplizität am Beispiel von 'Ji #3 (Silent Mountain) für Sologitarre' (1994) von Qu Xiaosong
Grunddaten zum Vortrag
Art des Vortrags: wissenschaftlicher Vortrag
Name der Vortragenden: Kornel-Markula, Attila; Thinius, Alexander
Datum des Vortrags: 16.09.2017
Vortragssprache: Deutsch
Informationen zur Veranstaltung
Name der Veranstaltung: Simplizität in der Musik. Symposium des DVSM
Ort der Veranstaltung: Institut für Musikwissenschaft Münster der WWU
Veranstaltet von: DVSM
Zusammenfassung
Welche Intention führt moderne chinesische Komponisten dazu, Stille – das vermeintliche Gegenteil von Lärm, Klang oder Musik – ins Zentrum ihrer Stücke zu stellen? Vor dem Hintergrund der chinesischen Staatspolitik nach 1950 und ihrem ambivalenten Verhältnis zur eigenen Kulturgeschichte zeigt sich, dass die Beschäftigung chinesischer Musiker mit Stille weit über künstlerische Fragen hinausgeht und Ausdrucksformen kulturell‐gesellschaftlicher Entfremdung oder kommunikativen Unvermögens beinhalten kann. Qu Xiaosong (*1952) gehört zu einer Generation chinesischer Komponisten, die sich nach Ende der sogenannten „Kulturrevolution“ einer Rezeption der westlichen Moderne öffnen durften. Mit seinen Kompositionen verbindet Qu europäische und chinesische Musiktraditionen, stellt sich aber bewusst gegen den Trend, Musik technisch möglichst kompliziert zu gestalten. Ausgehend von meiner laufenden Dissertation, möchte ich in meinem Vortrag eine chinesische Musikästhetik der Stille darstellen, die keineswegs mit simpler meditativer Musik abgetan werden darf. Ji #3 offenbart eine moderne asiatische Klangsprache, deren Komplexität sich weniger auf Spieltechnik als vielmehr kompositorisch fein nuancierten Klangverläufen gründet. Durch Momente der Stille mahnt diese Musik den Interpreten selbst zur Geduld. Anhand einer musikwissenschaftlichen Werkanalyse möchte ich anregen, die Simplizität der Stille als Ästhetik zwischen Philosophie & Spiritualität zu diskutieren und ein Phänomen klanglicher Abwesenheit präsentieren, das eigene Konnotationen zwischen Subjekt und akustischer Umwelt evoziert. Die analysierten Passagen werden vom Gitarristen Alexander Thinius live vorgespielt und gemeinsam diskutiert.
Stichwörter: Musikästhetik; Stille; Musikgeschichte; China; Gitarre;
Vortragende der Universität Münster