Kirchen/Religion [Churches/Religion]

Willems, Ulrich

Übersichtsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewed

Zusammenfassung

Die religiöse Landschaft Ds hat sich seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts erheblich pluralisiert. Zählten 1950 in der BRD noch über 96 % der Bevölkerung zu den Mitgliedern der beiden großen christlichen Kirchen, waren es Ende 2018 nur noch 53,3 % – ca. 23 Mio. Mitglieder in der katholischen, ca. 21,1 Mio. in der evangelischen Kirche. (Die jeweils aktuellen Ausprägungen der meisten der im Beitrag genannten Zahlen finden sich auf den Homepages der beiden Kirchen sowie denen der kirchlichen Einrichtungen und Verbände). Allerdings gestaltet sich die Lage in verschiedenen Teilen Ds höchst unterschiedlich. Während in den mehrheitlich katholischen Bundesländern im Süden und Westen nach wie vor 70–80 % und in den mehrheitlich protestantischen Bundesländern im Norden nach wie vor 60–70 % der Einwohner*innen einer der beiden Kirchen angehören, sind es in den Stadtstaaten HH und B nur 40 % bzw. knapp 30 % und in den mehrheitlich protestantischen Bundesländern im Osten sogar nur 20 % bis 30 % – letzteres nicht zuletzt eine Folge der Religionspolitik der DDR. Zu den Mitgliedern der beiden großen christlichen Kirchen kamen Ende 2017 auf Seiten des Christentums noch einmal ca. 1,5 Mio. Mitglieder der orthodoxen Kirchen sowie ca. 900.000 Mitglieder und Anhänger der evangelischen Freikirchen und von anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften hinzu. Der religiös, ethnisch und organisatorisch ausgesprochen vielgestaltige Islam bildet neben den beiden christlichen Kirchen inzwischen die drittgrößte religiöse Tradition. Die Zahl der Einwohner*innen mit muslimischem Hintergrund wird nach einer Hochrechnung des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus dem Jahre 2015 auf 4,4–4,7 Mio. geschätzt. Die jüdischen Gemeinden in D zählen knapp 100.000 Mitglieder. Hinzu kommen die Mitglieder und Anhänger weiterer religiöser Traditionen wie Buddhismus, Hinduismus, Jesidismus und Sikhismus, deren genaue Zahlen sich nur schwer ermitteln lassen, die aber insgesamt kaum mehr als 1 % der Bevölkerung ausmachen. Zur religiösen Pluralisierung tragen darüber hinaus auch die vielfältigen Formen einer synkretistischen Amalgamierung von Elementen unterschiedlicher religiöser Traditionen sowie neue Formen von Spiritualität bei. Dem religiösen Feld im weitesten Sinne wird man schließlich auch die von der Verfassung den Religionsgemeinschaften gleichgestellten Weltanschauungsgemeinschaften wie die sich vielfach historisch, programmatisch und organisatorisch überlappenden Bewegungen und Organisationen von Freireligiösen, Freidenkern, Unitariern, Humanisten, Agnostikern und Atheisten zurechnen müssen. Der Bevölkerungsanteil, der keiner Religionsgemeinschaft angehört, ist inzwischen auf über 35 % angestiegen. Das Wissen über die religiösen und weltanschaulichen Orientierungen und Praktiken dieser großen Gruppe ist bisher jedoch höchst begrenzt.

Details zur Publikation

Herausgeber*innenAndersen, Uwe; Bogumil, Jörg; Marschall, Stefan; Woyke, Wichard
BuchtitelHandwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland
Seitenbereich421-430
VerlagSpringer VS
ErscheinungsortWiesbaden
Auflage1
StatusVeröffentlicht
Veröffentlichungsjahr2021 (02.04.2021)
ISBN978-3-658-23665-6
DOI10.1007/978-3-658-23666-3_120
Link zum Volltexthttps://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-23666-3_120
StichwörterKirchen; Religion; Bundesrepubölik Deutschland; Islam; Katholische Kirche; Evangelische Kirche;

Autor*innen der Universität Münster

Willems, Ulrich
Professur für Politische Theorie mit dem Schwerpunkt Politik und Religion (Prof. Willems)