Gleser Ralf
Forschungsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewedOn the Epistemological Foundations of Prehistoric Archaeology Philosophy of science of archaeology is only rudimentarily developed within philosophy as well as within archaeology. Philosophy of science focuses on the analysis of knowledge processes, especially the relationship between data, methods, theories and explanations. Procedures of scientific explanation, however, only play a subordinate role in the theory of prehistoric archaeology in German-speaking countries. There the self-understanding of a comparative science is dominating. However, comparative methods are in contrast to the paradigms of general scientific theory. First of all, the article deals with the nature of prehistoric sources. Second, an evaluation of the classification of explanatory strategies in prehistoric archaeology follows. In this science no explanations are possible, which refer to the motivational background of actors (intentional explanation). However, it is argued that nomological and narrative explanations are possible there. Third, realistically understood narrative explanation is defended against the concept of narrative constructivism common in parts of historical and prehistoric research in recent decades. The theoretical discussion in our field has taken on a form that is not readily apparent in terms of its content for other disciplines. Practices such as analogies for scientific explanation or the implicitly continued duality of science and humanities or concepts such as narrative constructivism are not immediately comprehensible to representatives of philosophy of science, especially those of scientific-theoretical realism. This demonstrates fundamental and not easily resolvable problems in the self-perception of prehistoric archaeology. A perspective for the theory of our subject should therefore not only be to clarify the methodological prerequisites of archaeological interpretation. Such insights are also to be conveyed to other subjects in such a way that the position of prehistoric archaeology within the sciences is more pronounced. The result of this endeavor would also enrich the philosophy of science, as it has a blind spot on archaeologies, much more so than in history. Zusammenfassung Wissenschaftstheorie der Archäologie ist sowohl innerhalb der Philosophie wie auch innerhalb der Archäologien nur rudimentär entwickelt. Wissenschaftstheorie hat die Analyse von Wissensprozessen im Fokus stehen, und dabei insbesondere das Verhältnis von Daten, Methoden, Theorien und Erklärungen. Prozeduren des wissenschaftlichen Erklärens spielen in der Theorie der Prähistorischen Archäologie des deutschsprachigen Raumes allerdings nur eine nachgeordnete Rolle. Dort dominiert das Selbstverständnis eine komparative Wissenschaft zu sein. Komparative Verfahren stehen aber im Gegensatz zu den Paradigmen der allgemeinen Wissenschaftstheorie. Im Beitrag wird erstens die Natur der Prähistorischen Quellen behandelt. Es folgt zweitens eine Evaluation der Systematik der Erklärungsstrategien in der Prähistorischen Archäologie. In dieser Wissenschaft sind keine Erklärungen möglich, welche sich auf den motivationellen Hintergrund von Akteuren beziehen (intentionale Erklärung). Es wird aber dafür plädiert, dass dort nomologische und narrative Erklärungen möglich sind. Realistisch verstandene narrative Erklärung wird drittens gegen das in Teilen der historischen und prähistorischen Forschung in den letzten Jahrzehnten übliche Konzept des narrativen Konstruktivismus verteidigt. Die Theoriediskussion in unserem Fach hat eine Gestalt angenommen, die sich hinsichtlich ihres Gehalts für andere Disziplinen nicht ohne Weiteres erschließt. Praktiken wie beispielsweise Analogieschlüsse zur wissenschaftlichen Erklärung oder der hier implizit fortgeführte Dualismus von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften oder Konzepte wie narrativer Konstruktivismus sind für Vertreter*innen der Wissenschaftstheorie, insbesondere wenn es sich um solche des wissenschaftstheoretischen Realismus handelt, nicht unmittelbar nachvollziehbar. Dies zeigt grundsätzliche und nicht ohne weiteres auflösbare Probleme in der Selbstwahrnehmung der Prähistorischen Archäologie. Eine Perspektive für die Theorie unseres Faches sollte deshalb nicht nur sein, die methodologischen Voraussetzungen archäologischen Deutens deutlicher herauszuarbeiten. Solche Erkenntnisse sind außerdem anderen Fächern in einer Weise zu vermitteln, dass die Stellung der Prähistorischen Archäologie innerhalb der Wissenschaften deutlicher hervortritt. Gelänge dieses Unterfangen, würde auch die Wissenschaftstheorie bereichert, da diese bezüglich der Archäologien, noch viel mehr als in Bezug auf die Historie, einen blinden Fleck aufweist.
Gleser, Ralf | Professur für Ur- und Frühgeschichte (Prof. Gleser) |