Furcht und Angst sind wichtige adaptive Komponenten des Verhaltensrepertoires, die in Erwartung oder Beantwortung von Reizen generiert werden, die die Homöostase des Organismus zu stören drohen. Der Zustand von Angst oder Angst-ähnliche Zustände scheinen Teil einer universellen Überlebensstrategie zu repräsentieren, in der die inter-individuelle Variabilität ein evolutionäres Prinzip des Überlebens individueller Populationen widerspiegelt. Eine extreme Veränderung oder Störung der zugrunde liegenden Mechanismen kann zu einem unverhältnismäßig starken und verlängerten (oder irreversiblen) Zustand führen, der als exzessive, anhaltende oder generalisierte Angst empfunden wird. Diese Art der überzogenen Angst oder unangemessenen Ängstlichkeit deutet einen pathologischen Zustand an, eine Angsterkrankung. Angsterkrankungen stellen eine häufige psychiatrische Erkrankung dar. Etwa 25 % der Bevölkerung in den USA entwickeln im Verlauf des Lebens eine behandlungsbedürftige Angststörung, und jeder siebente Deutsche war bzw. ist wegen Angstsymptomen in Behandlung. Dabei schätzen nur 26 % aller behandelten Patienten die Therapie als dauerhaft erfolgreich ein. Forschungsziel Demzufolge ist das Ziel des transregionalen Sonderforschungsbereiches, die wissenschaftliche Kompetenz auf den Gebieten Molekularbiologie, Genetik, Neurophysiologie, Psychologie, Psychiatrie und Bildgebung zu verbinden, um ein verbessertes Verständnis der Grundlagen von Furcht, Angst und Angsterkrankungen zu erreichen. Die Expertise der beteiligten Abteilungen der Universitäten Münster, Hamburg, Mainz und Würzburg ist weitgehend komplementär und schafft die Voraussetzung für ein zweistufiges, interdisziplinäres wissenschaftliches Konzept. Strategie Auf der ersten Stufe werden „etablierte“ Kandidatengene, neuronale Systeme und Paradigmen betrachtet bzw. eingesetzt, im Sinne einer maximal möglichen Kontrolle experimenteller Bedingungen und der Herstellung von Verbindungen zwischen tierexperimentellen Ansätzen und Untersuchungen im Menschen. Das übergeordnete Ziel ist, die Mechanismen von furchtbezogenem Verhalten aufzuklären, mit besonderer Berücksichtigung von Perzeption, Akquisition und Extinktion von Furcht sowie deren klinischer Relevanz. Auf der zweiten Stufe werden die kontrollierten experimentellen Bedingungen verwendet, um „neue“ innovative Gene zu identifizieren und mit Hilfe der etablierten Paradigmen als Kandidatengene bezüglich ihrer biologisch-klinischen Relevanz zu testen. Als Konsequenz dieser dualen Strategie und als ein Langzeitziel des Sonderforschungsbereiches werden aus dem verbesserten Verständnis der neurobiologischen, genetischen und Umgebungseinflüsse konkrete Risikoprofile für Angsterkrankungen entwickelt, die wiederum den Weg für neue, individuell zugeschnittene Therapieformen bereiten werden.
Zhang, Weiqi | Klinik für Psychische Gesundheit |
Pape, Hans-Christian | Institut für Physiologie I |
Zhang, Weiqi | Klinik für Psychische Gesundheit |