Der Vertrag ist für die Selbstbestimmung des modernen Menschen von zentraler Bedeutung. Diese These mag erstaunen, geht man doch gewöhnlich davon aus, dass Kategorien wie das Imaginäre, das Unbewusste, die nationale Zugehörigkeit oder die sexuelle Orientierung für die Identitätskonstruktion in der Moderne signifikant sind, nicht aber eine so formal-rationale Kategorie wie der Vertrag. Ein Blick in zentrale Texte des Kontraktualismus etwa bei Hobbes oder Rousseau zeigt jedoch, dass der Vertragsschluss dort als Menschwerdung begriffen wird. Das Projekt untersucht ausgehend von philosophischen, literarischen, rechtshistorischen Texten und ästhetischen und anthropologischen Schriften, wie der Vertrag in der Moderne Einzug in die Selbstbeschreibung des Menschen erhält. Es versteht den Vertrag dabei aber nicht so sehr als Gründungsfigur, wie es die Kontraktualismustheorien nahelegen, sondern mit Foucault als eine kontinuierliche Technik des ‚Regierens‘, anhand derer der moderne Mensch Fiktionen und Strategien des autonomen Handelns ohne den Rückbezug auf eine Transzendenz erzeugt und legitimiert.
Köhler, Sigrid Gisela | Germanistisches Institut - Abteilung: Neuere deutsche Literatur |
Köhler, Sigrid Gisela | Germanistisches Institut - Abteilung: Neuere deutsche Literatur |
Schmidt, Florian | Germanistisches Institut - Abteilung: Neuere deutsche Literatur |