Kurzbeschreibung: Der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) ist ein invasiver Neophyten, der während des 20. Jhd. eine Massenausbreitung in mitteleuropäischen Kulturlandschaften begonnen hat und dadurch einheimische Pflanzengemeinschaften verändert. Ob dies für einheimische Arten und Artengemeinschaften problematisch ist, hängt davon ab, wieviel Lebensraum der Neophyt einnimmt, wenn die Ausbreitung abgeschlossen ist. Wir haben die Ausbreitung des Riesen-Bärenklaus in 20 Landschaftsausschnitten (je 1 km²) über einen Zeitraum von sieben Jahren verfolgt und erstellen ein räumlich-explizites Modell (zellulärer Automat), das die weitere Ausbreitung in den kommenden 100 Jahren simuliert. In der nächsten Projektphase wird ein Landschaftsmodell, das Veränderungen der räumlichen Lage, Menge und Qualität der invadierbaren Habitate simuliert, in das Invasionsmodell integriert. Die Ziele dieses Projektes sind (1) den zukünftigen Invasionsverlauf in verschiedenen Landschaftstypen zu prognostizieren, (2) Zusammenhänge zwischen Invasionsprozess und raum-zeitlicher Landschaftsdynamik zu erforschen, und (3) kritische Schwellenwerte der Landschaftsstruktur festzustellen, deren Überschreitung oder Unterschreitung massenhafte Invasionen ermöglicht. Hintergrund: Vorausgehende Studien haben gezeigt, dass der Invasionsprozess des Riesen-Bärenklaus von der Landschaftsstruktur abhängt. Aus Sicht des Riesen-Bärenklaus ist die mitteleuropäische Kulturlandschaft ein Patch-Korridor-Matrix-Mosaik, wo geeignete Habitate (z.B. Ruderalflächen und Brachen) in eine Matrix aus unbesiedelbaren Flächentypen (z.B. Acker, Wirtschaftsgrünland, Wald) eingebettet sind. Die Ausbreitung von einem Habitat-Patch zum nächsten findet hauptsächlich entlang von Korridoren, wie Straßen und Fließgewässern, statt. Wenn Habitat-Patches nah aneinander liegen, kann Ausbreitung auch unabhängig von Korridoren stattfinden. Sind Patches jedoch durch größere Flächen der Landschaftsmatrix getrennt, ist die Ausbreitung gehemmt, da die Samen nicht flugfähig sind. Durch Landnutzungswandel und anthropogene Störungen verändert sich das Patch-Korridor-Matrix-Mosaik. Das gilt insbesondere für die Anordung der Habitat-Patches in der Landschaft, denn ein wesentlicher Teil der Habitate vergeht durch Sukzession und entsteht neu durch Störungen oder Aufgabe der Landbewirtschaftung. Es ist bislang nicht bekannt, wie sich die Landschaftsdynamik auf den weiteren Verlauf der Invasion auswirkt. Um Pflanzeninvasionen in sich wandelnden Kulturlandschaften zu verstehen und realistische Prognosen der Auswirkungen auf einheimische Arten und Lebensräume treffen zu können, ist es erforderlich räumlich-explizite Ausbreitungs- und Landschaftsmodelle zu integrieren. Die Modelle werden mit Daten zur Populationsbiologie und Ökologie des Neophtyen parametrisiert und anhand wiederholter Geländekartierungen validiert. Dieses Projekt baut dabei auf Ergebnisse und Datensätze des EU-Projektes „Giant Alien" auf (www.giant-alien.dk).
Thiele, Jan | Professur für Angewandte Landschaftsökologie/Ökologische Planung (Prof. Buttschardt) |