Im Rahmen einer Studienreise besuchte eine kleine Gruppe Studierender unter Anleitung von Prof. Dr. Annaluisa Pedrotti (Universität Trient) und PD Dr. Valeska Becker (Universität Münster) verschiedene Ziele in der Region Trient in den südlichen Alpen. Besucht wurden zum einen Museen und Forschungseinrichtungen (Museo delle Scienze di Trento; Università degli Studi di Trento; Laboratorio Bernardo Bagolini), in denen wir Funde aus allen Epochen der Vor- und Frühgeschichte zu sehen bekommen haben, und zum anderen wichtige Ausgrabungsstätten in der Region. Hierzu zählen in erster Linie die ab September laufenden Ausgrabungen zur Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit in Monte Terlago. Die Bronzezeit in den südlichen Alpen ist zum einen durch Pfahlbausiedlungen, zum anderen - gerade in der Region um Trient - auch durch Höhensiedlungen und Siedlungen im Talgrund gekennzeichnet. Diese Unterschiede im Siedlungswesen fußen auf der zunehmenden Stratifizierung der Gesellschaft: In der Bronzezeit ist ein hohes Bevölkerungswachstum zu beobachten, das dazu führte, dass in den Alpen vor allem Pastoralismus intensiv betrieben wurde, mit dem Ziel, die Produktion von Fleisch, Milch und Milchprodukten zu steigern. Wasserläufe wurden zum Betrieb von Sägemühlen und Schmieden genutzt, und die Kontrolle wichtiger Verkehrswege über die Alpen gewann zunehmend an Bedeutung. Die Ausgrabungen in Monte Terlago, bei denen ein Abri aus der Bronzezeit freigelegt wird, geben mit ihren Funden und Befunden einen Einblick in diese von tiefgreifendem Wandel geprägte Epoche.Mit dem Besuch des Abri Gaban, einem Felsdach in der Nähe von Trient, das im Paläolithikum, Mesolithikum, Neolithikum und in der Kupfer- und Bronzezeit genutzt wurde, steht vor allem die Landschaftsarchäologie im Vordergrund. Jäger nutzten dieses natürliche Schutzdach durch die Zeiten hinweg als Station für die Jagd auf alpine Fauna. Einige berühmte Kunstwerke stammen aus meso- und neolithischer Zeit, darunter Venusfigurinen und verschiedene Tierdarstellungen.Zeitlich schließen sich dann verschiedene weitere Fundplätze zur Kupferzeit in der Region an. Wir haben die Landschaft um Trient kennengelernt und verschiedene kupferzeitliche Fundstellen besucht.Kupfer ist ein wichtiger neuer Rohstoff für die Zeit ab etwa 4200 v. Chr., und in Form von Malachit und Azurit bzw. im Valsugana als Chalkopyrit kommt er erkennbar an der Oberfläche vor. Prähistorische Menschen suchten diese Stellen auf, um Kupfer abzubauen. Mit in diese Zeit fallen außerdem monumentale Statuenmenhire, von denen in der Region Trentino über ein Dutzend gefunden wurden und die wir im Museum in Riva del Garda sehen konnten. Auf ihnen werden Kupferdolche in Stein abgebildet, was die Wichtigkeit dieses Rohmaterials betont. Schließlich haben wir im Museo delle Scienze und im Laboratorio Bernardo Bagolini originales Fundmaterial aller Epochen der Prähistorie zu sehen bekommen. Besonders bemerkenswert waren die bemalten Steine aus dem Riparo Dalmeri und die figürlichen Funde aus Gaban. Silex- und Knochengeräte, Keramik, Metallobjekte wie Waffen und Trachtbestandteile weisen auf die Alpen als Transitregion in der Vorgeschichte hin und geben einen Einblick in die Bedeutung der Landschaft.Der BA-Studiengang "Archäologie-Geschichte-Landschaft" und der MA-Studiengang "Ur- undFrühgeschichte", die von der Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie angeboten werden, enthalten Elemente der Landschaftsarchäologie, die in zunehmendem Maße Eingang in die Forschung findet. Die theoretischen Kenntnisse, die die Studierenden in verschiedenen Lehrveranstaltungen erworben haben, konnten auf der Studienreise vertieft und in der Praxis angewendet werden. Gerade die Alpen mit ihrem komplexen Aufbau in Bezug auf Relief, Geologie, Klima und auch Archäologie stellen in dieser Hinsicht eine besondere Herausforderung und auch einen starken Kontrast zur norddeutschen Tiefebene dar.
Becker, Valeska | Professur für Ur- und Frühgeschichte (Prof. Gleser) |