Die Enzyklika Pacem in terris (1963) und das Zweite Vatikanische Konzil sind Marksteine der späten Anerkennung der Menschenrechte in der katholischen Kirche. Bei allen positiven Entwicklungen in den letzten Pontifikaten, die es erlauben, die Kirche heute als „Menschenrechtsorganisation" (D. Witschen) zu bezeichnen, sind jedoch sowohl im Hinblick auf die Beteiligung der katholischen Kirche (bzw. des Heiligen Stuhls als Völkerrechtssubjekt) an der weltweiten Menschenrechtspolitik als auch im kirchlichen Innenverhältnis gewichtige Defizite im Hinblick auf die volle Anerkennung von Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte zu konstatieren. Fragen nach dem Stellenwert der Menschenrechte für die institutionelle Gestalt und die rechtliche Ordnung der Kirche sowie für die Kommunikation zwischen Gläubigen und Hierarchie werden in diesem Projekt verknüpft mit einer theologischen und historischen Erforschung der theoretischen und praktischen Potentiale, aber auch Blockaden der Aneignung und Bereicherung menschenrechtlichen Denkens und menschenrechtlicher Praxis im Kontext der katholischen Kirche. Das sozialethische Forschungsprojekt wird durch Einzelforschung der Beteiligten, interdisziplinäre Fachtagungen und die Entwicklung eines Netzwerkes menschenrechtsbezogener theologischer, historischer und gesellschaftswissenschaftlicher Forschung entwickelt. Es steht in enger Wechselwirkung mit dem Schwerpunkt „Religionsfreiheit und Religionspolitik". Mit dem internationalen Fachgespräch „Menschenrechte in der katholischen Kirche. Historische, systematische und praktische Perspektiven" vom 22.-24. März 2017 im Deutschen Historischen Institut (DHI) in Rom konnte ein wichtiger Schritt in der Vernetzung der theologischen und der historischen Menschenrechtsforschung getan werden. Die Tagung basierte auf einer Kooperation zwischen Prof. Dr. Michael Böhnke (Wuppertal), Prof. Dr. Martin Baumeister (Rom), Prof. Dr. Saskia Wendel (Köln) und Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins (ICS). Dem Fachgespräch lag der Gedanke zugrunde, dass der ungeteilte und universale Geltungsanspruch der Menschenrechte und der humanitäre Anspruch des Christentums in der Erwartung der auch innerkirchlichen Anerkennung und Umsetzung der Menschen-rechte konvergieren. Diesem Anspruch ging die Tagung unter folgenden Leitfragen nach: Welche geschichtlichen Konstellationen und welche theologischen Gründe haben zu den Ambivalenzen im Verhalten der Kirche geführt, die ihr Verhältnis zu den Menschenrechten in den vergangenen 200 Jahren bestimmt haben, welche verhindern in Bezug auf die Anerkennung der Menschenrechte die „nachholende Selbstmodernisierung" (G. Essen) der katholischen Kirche? Wie steuern diese die Lehre und die Rechtspolitik der Kirchenleitung? Welche gesellschaftlichen Impulse und theologischen Einsichten haben die kirchliche Aneignung der Menschenrechte konstruktiv beeinflusst? Welche konstruktiven Impulse und Beiträge zur Weiterentwicklung und ei-genständigen Aneignung der Menschenrechte können auf kirchliche Initiativen zu-rückgeführt werden? Welche Einsichten müssten theologisch plausibilisiert und inner-kirchlich vermittelt werden, um den gesellschaftlichen Standards und dem kirchlichen Einsatz für die Anerkennung der Menschenrechte in der Gesellschaft auch innerkirchlich ein eindeutigen Status zu geben? Ein Tagungsbericht erschien auf feinschwarz.net: http://www.feinschwarz.net/menschenrechte-in-der-katholischen-kirche/#more-8386 Die Tagungsbeiträge werden in der Reihe „Gesellschaft - Ethik - Religion" (als Band 14) veröffentlicht und in der ersten Jahreshälfte 2018 erscheinen.
Heimbach-Steins, Maria Anna | Professur für Christliche Sozialwissenschaften und sozialethische Genderforschung (Prof. Heimbach-Steins) |
Heimbach-Steins, Maria Anna | Professur für Christliche Sozialwissenschaften und sozialethische Genderforschung (Prof. Heimbach-Steins) |
Enxing, Julia | Institut für Christliche Sozialwissenschaften |
Stica, Petr | Institut für Christliche Sozialwissenschaften |