Der Einfluss der altorientalischen Geschichtsmythen ist greifbar im Alten Testament, dessen Autoren durch die vielseitigen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Staaten an den allgemein verbreiteten Kulturtraditionen des Alten Orients angebunden waren. Beispielhaft können dabei die alttestamentliche Kriegsideologie, u.a. das Banntheorem, sowie die Königsideologie erwähnt werden. Besonders interessant ist zu merken, wie die Traditionen in der Levante weiterentwickelt worden sind. Deutlich ist, dass der Kulturtransfer auf vielen verschiedenen Ebenen geschah. Einerseits sind die judäische Staatsreligion und Königs- sowie Kriegsideologie eng mit u.a. den assyrischen und ägyptischen Traditionen verbunden. Auf der staatlichen Ebene können die Einflüsse zum einen durch den Vergleich der verschiedenen offiziellen altorientalischen Königsinschriften und des Alten Testaments ausgearbeitet werden. Zum anderen spielen auch die Ergebnisse der archäologischen Forschung in diesem Zusammenhang eine Rolle. Andererseits darf die familiäre Ebene nicht vergessen werden. Durch die Kriege und Deportationen sind auch außerhalb der lokalen Eliten enge Kontakte mit anderen Völkern und Kulturen zustande gekommen. Der Einfluss der fremden Kulturen führte einerseits zu Vertrags- und Mischehenverboten, mit denen man die eigene Identität abzusichern versuchte. Innerhalb der dennoch geschlossenen Mischehen hat andererseits die wechselseitige Beeinflussung durch lokale Mythentraditionen natürlich stattgefunden.
Achenbach, Reinhard | Professur für Altes Testament (Prof. Achenbach) |
Achenbach, Reinhard | Professur für Altes Testament (Prof. Achenbach) |