Adlige Lebenswelten im Russländischen Reich (1780-1850)

Grunddaten zu diesem Projekt

Art des ProjektesEigenmittelprojekt
Laufzeit an der Universität Münster01.01.2008 - 01.09.2015

Beschreibung

Ziel des Habilitationsprojektes ist es, eine Kollektivbiographie des russischen Adels und seiner Lebenswelten für den Zeitraum von 1780 bis 1850 zu schreiben. Mit einem kulturgeschichtlichen Ansatz sollen die Lebensweise, das Verhalten, die Wahrnehmungen und die Ansichten des russischen Adels ergründet werden. Dem Lebenslauf folgend stehen 1.) Erziehung und Bildung in Kindheit und Jugend, 2.) Dienst, Beruf und Karriere; Reisen, Freizeit und Geselligkeit (Adelsklubs u. -versammlungen, Feste) im Erwachsenenalter sowie 3.) der Lebensabend im Fokus des Interesses. Um neue Erkenntnis über die Lebensweise und -welten des russischen Adels zu gewinnen, wird u. a. nach den unterschiedlichen materiellen Lebensumständen und nach der Bedeutung von Bildung bei Erziehung und Karrieren gefragt. Wurden die zahlreichen Reisen nach Mittel-, West- und Südeuropa zu Vergnügungs- oder Bildungs- und geschäftlichen Zwecken unternommen? In welcher Weise beeinflussten die dort gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen die Vorstellungswelt der Adligen? Welche Bedeutung kam den Adelsklubs und -versammlungen und der hier entfalteten Geselligkeit und Öffentlichkeit zu? Wann und in welchen Bereichen entwickelten die Adligen Eigeninitiative? Welche Ansichten vertraten sie gegenüber anderen Gesellschaftsschichten und -gruppen (Kaufleuten, Bauern, Geistlichen, Juden)? Wie verhielten sie sich gegenüber den gesellschaftlichen Veränderungen und der langsam einsetzenden Industrialisierung? Welche Bedeutung maßen sie der Verwaltung ihrer Landgüter bei? Welche Rolle spielte die Religion in einer sich zunehmend säkularisierenden Gesellschaft? Zur Ergründung der Vorstellungswelt und des Lebensalltags des russischen Adels wird zum einen auf die zahlreichen publizierten Egodokumente zurückgegriffen. Zum anderen sollen einschlägige Archivbestände (Familienarchive, Nachlässe, Akten der Adelsversammlungen) ausgewertet werden, um neue Erkenntnisse zum Thema gewinnen und die russischen adligen Lebenswelten im europäischen Kontext verorten zu können. Zeitlich setzt die Arbeit mit dem Manifest Peters III. über die Dienstfreiheit des Adels 1762 ein. Diesen Erlass, der vom Adel begrüßt wurde und ihm einen Rückzug auf die Landgüter ermöglichte, wurde in Katharinas Gnadenurkunde für den Adel 1785 mit weiteren Privilegien bestätigt und führte das "goldene Zeitalter" des russischen Adels herauf. Grundlegende Veränderungen dieser bestehenden Ordnung brachten erst die Reformen unter Alexander II. in den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts.

Stichwörterrussischer Adel; Golicyns; Apraksins

Projektleitung der Universität Münster

Lehr, Stefan
Historisches Seminar - Abteilung für osteuropäische Geschichte (AOEG)