Diagnose und Behandlung psychischer Störungen basieren immer noch fast ausschließlich auf deren klinischen Erscheinungsbild. Auch Jahrzehnte der Forschung haben mit Blick auf die Identifikation biologisch bedeutsamer Störungsgruppen, sog. Biotypen, nur wenig Fortschritt gebracht. Dies stellt die Validität der psychiatrischen Klassifikationssysteme in Frage und erschwert die Biomarkerentwicklung stark. Mithilfe der in der ersten FP erhoben Daten ist es nun erstmals möglich, moderne Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens und der multivariaten Statistik auf einen umfangreichen, multimodalen Datensatz anzuwenden und damit für die Biotypen-Identifikation nutzbar zu machen. In der ersten FP hat WP6 wesentliche Qualitätskontrollen etabliert und statistische Analysen zu Gen-Umwelt Interaktionen sowohl in den humanen Stichproben (WP1, WP5) als auch den Cacna1c knock-out Ratten (WP2, WP3, WP4, CP1) durchgeführt. Die beiden neuen PIs haben gemeinsam mit WP1 bzw. WP5 einen Workflow zur Analyse von genetischen und Neuroimaging-Daten implementiert und damit erste robuste Ergebnisse erzielt. In der zweiten FP zielen wir nun darauf ab, biologisch plausible, homogene, störungsübergreifende Biotypen sowohl innerhalb als auch über Modalitäten hinweg zu identifizieren und zu validieren. Mit den Daten aller WPs werden die WP6 PIs 1) zur Dimensionsreduktion evidenzbasiertes und automatisches Feature-Engineering (z.B. mit Deep Autoencodern und Rectified Factor Networks) einsetzen, 2) unter Verwendung von z.B. Modality-Specific Adversarial Autoencodern einen Ansatz zur Kontrolle von Störvariablen in linearen und nicht-linearen multivariaten Modellen entwickeln und 3) durch Ensemble-Clustering innerhalb und über Modalitäten hinweg Stabilität und interne Validität sicherstellen. Zentral ist hierbei, dass das längsschnittliche Design der FOR es ermöglicht, die Validität unserer Cluster-Lösungen ausschließlich auf Grundlage ihres prädiktiven Nutzens und damit der unmittelbaren klinischen Relevanz zu beurteilen. Wir erwarten, dass auf Basis von Clusterlösungen trainierte, prädiktive Biomarker-Modelle (etwa zur Verlaufsprognose) deutlich besser sind als an klassischen Störungsgruppen trainierte. Darüber hinaus erwarten wir, dass derart trainierte Modelle sich robust gegenüber Störvariablen wie etwa dem Scanner-Standort verhalten. Damit sind wir einzigartig positioniert, um biologisch plausible Patientencluster über Störungen hinweg zu identifizieren und somit die Validität psychiatrischer Klassifikation zu stärken und die Entdeckung von Biomarkern entscheidend zu vereinfachen. Darüber hinaus ermöglichen Kooperationen mit anderen Konsortien die Ergebnisse in großen Stichproben unabhängig zu überprüfen, sodass daraus maximaler Nutzen für das gesamte Forschungsfeld erzielt wird. WP6 wird zudem skalierbare Analyseinstrumente bereitstellen, vor allem im Bereich des maschinellen Lernens und der multivariaten Statistik, die in allen anderen WPs benötigt werden.
Hahn, Tim | Institut für Translationale Psychiatrie |
Hahn, Tim | Institut für Translationale Psychiatrie |
Leenings, Ramona | Institut für Translationale Psychiatrie |
Winter, Nils | Institut für Translationale Psychiatrie |