In klinischen Studien werden aus ethischen und ökonomischen Gründen Zwischenanalysen durchgeführt, um zeitnah über Erfolg und Misserfolg entscheiden zu können. Dabei können sich Erkenntnisse ergeben, die eine Anpassung des Studiendesigns notwendig machen – etwa hinsichtlich der Fallzahl und Gewichtung der Fragestellungen. Verfahren, die diese Flexibilität besitzen bei gleichzeitiger Kontrolle des Signifikanzniveaus, werden unter dem Begriff der adaptiven Designs zusammengefasst. Eine zentrale Rolle spielt in vielen klinischen Studien das Konzept der Ereigniszeit (etwa Zeit bis Rezidiv). Im Kontext adaptiver Designs für Ereigniszeit-Endpunkte treten jedoch subtile Probleme auf. So verlangen klassische adaptive Verfahren für Ereigniszeiten die Fokussierung auf einen einzigen Ereigniszeit-Endpunkt: Im Wesentlichen darf hier nur die Interimsstatistik des gewählten Ereigniszeit-Endpunktes für datengesteuerte Designmodifikationen genutzt werden. Zusatzinformationen, die sich auf Grundlage weiterer Ereigniszeit-Endpunkte ergeben, dürfen in diesen klassischen Verfahren nicht genutzt werden, da dies zur Inflation der Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art führen kann. Der Grund für die Inflation liegt in etwaigen Korrelationen zwischen den beteiligten Ereigniszeit-Endpunkten.Neuere klinische Studien verlangen aber zunehmend nach Methoden, die die simultane Betrachtung mehrerer primärer Ereigniszeit-Endpunkte im Kontext adaptiver Designs erlauben, unter voller Kontrolle und Ausschöpfung des Signifikanzniveaus. Dies betrifft besonders Ereigniszeitstudien mit geringem Rekrutierungspotential und individualisierten Behandlungskonzepten (z.B. pädiatrische Onkologie oder Rheumatologie). Die Nutzung aller vorhandenen Ereigniszeitdaten für Designoptimierungen erscheint hierbei sehr wünschenswert, da die umfassende Nutzung der vorhandenen Informationen zu einer Steigerung der Erfolgsaussichten (Power) der Studie führt bzw. zu einer Reduktion der erforderlichen Fallzahl und Studienlaufzeit. Existierende Verfahren, die korrelierte Ereigniszeit-Endpunkte für Designmodifikationen nutzen können, bleiben unbefriedigend, da diese Verfahren effektiv zu konservativen Testprozeduren führen.Mit dem beantragten Forschungsprojekt soll diesbezüglich ein Durchbruch erzielt werden. Es sollen adaptive Designs für mehrdimensionale korrelierte Ereigniszeitdaten bereitgestellt werden, die alle vorhandenen Ereigniszeitdaten für Designmodifikationen nutzen können, bei gleichzeitiger Kontrolle und Ausschöpfung des Signifikanzniveaus. Die mathematische Grundlage bildet dabei ein martingaltheoretischer Zugang über Zählprozesse. Die entwickelten Methoden sollen retrospektiv auf Datensätze klinischer Studien angewandt werden, um Empfehlungen herauszuarbeiten, wann eine Designadaption sinnvoll erscheint. Um die allgemeine Anwendbarkeit in klinischen Studien zu ermöglichen, soll die entwickelte Methodik publiziert und in frei zugänglicher Software implementiert werden.
Schmidt, Rene | Institut für Biometrie und Klinische Forschung (IBKF) |
Schmidt, Rene | Institut für Biometrie und Klinische Forschung (IBKF) |
Faldum, Andreas | Institut für Biometrie und Klinische Forschung (IBKF) |