Überlieferungsweisen - Betrachtungsweisen - Gebrauchsweisen: Bedeutungszuweisungen an Artefakte der Hellseherei in Europa vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert

Grunddaten zu diesem Projekt

Art des ProjektesGefördertes Einzelprojekt
Laufzeit an der Universität Münster20.09.2019 - 19.07.2021 (Initiales Startdatum: 20.09.2017) | 1. Förderperiode

Beschreibung

Der Wunsch, in die Zukunft blicken zu können, ist eine Konstante im individuellen und kollektiven Leben des Menschen. Jahrtausende lang hat man sich der Deutung von scheinbar natürlichen oder aber künstlich geschaffenen Zeichen bedient, um der Unsicherheit über die Ereignisse, die uns erwarten, Herr zu werden. Doch auch wenn Formen der Hellseherei lange sehr selbstverständlich waren, so ist für Europa seit der Mitte des 17. Jahrhunderts der Prozess eines sukzessiven Bedeutungsrückgang und vor allem Legitimationsverlustes von Divination als anerkannter Form der Wissensproduktion auszumachen. Sinnfälliger Ausdruck dieser Distanznahme ist der Umstand, dass divinatorische Objekte ihrer Anwendung enthoben und als Gegenstände musealen Sammelns in vollkommen neue Sinnzusammenhänge eingebettet wurden. Diese Geschichte musealen Sammelns und (Um)Deutens divinatorischer Objekte steht im Mittelpunkt des Projekts. Bearbeitet wird das Thema in zwei chronologisch aufeinander aufbauenden Teilprojekten. Im frühneuzeitlichen Teilprojekt stehen höfischen Sammlungen in der Zeit vom 17. bis zum frühen 19. Jahrhundert im Mittelpunkt (Dresden, München, Wolfenbüttel). Charakteristisch für diesen Sammlungstyp ist, dass einschlägige Objekte bereits in der Blütezeit divinatorischer Praxis systematisch zusammengetragen wurden. Mit dem Bedeutungsverlust der Hellseherei wurden sie aber gerade nicht ausgesondert, vielmehr blieben sie Teil der repräsentativen Schauseite höfischer Kunstkammern. Die Sammlungen bieten damit im Unterschied zu den oft polemisierend zugespitzten Debatten der Aufklärer die Chance, die keineswegs linearen Wandlungsprozesse im Umgang mit der Hellseherei in der späteren Frühneuzeit in den Blick zu bekommen und die Abstufungen in der Bewertung ihrer einstigen Bedeutung schärfer zu fassen.Im chronologischen Anschluss an das frühneuzeitliche Teilprojekt untersucht das zweite Teilprojekt am Beispiel des Germanischen Nationalmuseums die Anfänge des Sammelns divinatorischer Schriftquellen und Sachquellen in musealen Institutionen, insbesondere des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Im Fokus stehen hier die Fragen, welche aversive oder affirmative kuratoriale Haltung in der Frühzeit des modernen Museumswesens den, zeitgenössisch mit dem Kampfbegriff Aberglaube abqualifizierten, Zeugnissen historischer Divination entgegengebracht wurde, wie sich dies im Sammlungsaufbau und in den Sammlungspräsentationen niederschlug und welche Reaktionen des Publikums auszumachen sind. In einem epochenübergreifenden Zugriff verspricht das Vorhaben damit Aufschluss über die Geschichte der Hellseherei und über den Beitrag, den fürstliche und bürgerliche Sammlungen zur Historisierung divinatorischer Praktiken zwischen Konservierung und Abwertung geleistet haben.

StichwörterFrühneuzeitliche Geschichte; Neuere und Neueste Geschichte
DFG-Gepris-IDhttps://gepris.dfg.de/gepris/projekt/343497955
FörderkennzeichenLU 1662/3-1 | DFG-Projektnummer: 343497955
Mittelgeber / Förderformat
  • DFG - Sachbeihilfe/Einzelförderung

Projektleitung der Universität Münster

Ludwig, Ulrike
Professur für Neuere und Neueste Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Frühen Neuzeit (Prof. Ludwig)

Antragsteller*innen der Universität Münster

Ludwig, Ulrike
Professur für Neuere und Neueste Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Frühen Neuzeit (Prof. Ludwig)

Projektbeteiligte Organisationen außerhalb der Universität Münster

  • Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)Deutschland

Koordinierende Organisationen außerhalb der Universität Münster

  • Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)Deutschland