Die Anpassung einer Mitteilung an die Einstellung des Empfängers (adressatenorientierte Kommunikation, aoK) kann das Gedächtnis des Sprechers beeinflussen. AoK findet z.B. statt, wenn Mitarbeiterin X ihre Beschreibung des ersten Arbeitstags eines neuen Kollegen an die Einstellung eines anderen Kollegen (des Adressaten) anpasst. Eine Gedächtnisbeeinflussung durch aoK liegt vor, wenn die Erinnerung von X an das Verhalten des neuen Kollegen in Richtung der vorherigen aoK verzerrt ist. Dieser Effekt wird v.a. durch die sprecherseitige Bildung einer Shared Reality mit dem Adressaten erklärt (Echterhoff & Higgins, 2017). Das Projekt untersucht bisher unerforschte kognitive Mechanismen, insb. die Zugänglichkeit von (semantischen) Trait-Informationen und (episodischen) Verhaltensinformationen zur Zielperson. Dem Relevance of a Representation-Ansatz (Eitam & Higgins, 2010) zufolge hängt die kognitive Zugänglichkeit von Informationen von ihrer motivationalen truth relevance ab, die durch eine Shared Reality erhöht wird. Zudem erforschen wir den Einfluss des Bedürfnisses nach Selbstwertsteigerung, das bei der Kommunikation über eigenes (v.a. unerwünschtes) Verhalten entsteht. Das Projekt ist somit eng in die FOR eingebunden, v.a. im Hinblick auf das Zusammenspiel episodischer und semantischer Gedächtnisaspekte sowie Einflüsse von Selbst und sozialer Interaktion beim Abruf komplexer, alltagsnaher Erfahrungen.In Teil I wird die Zugänglichkeit von Trait-Informationen und Verhaltensinformationen beim aoK-Effekt untersucht. Bei der Bildung einer Shared Reality sollte die Zugänglichkeit derjenigen Informationen erhöht sein, die konsistent (vs. inkonsistent) mit der Adressateneinstellung sind. Dieser Effekte sollte sich verringern, wenn die Mitteilungsproduktion verhindert wird (Exp. 1 & 2) oder die aoK durch Ziele motiviert ist, die nicht der Bildung einer Shared Reality dienen (z.B. Belohnung für aoK; Exp. 3 & 4). Wir untersuchen zudem, ob die Zugänglichkeit von Verhaltensinformationen von der Aktivierung der Trait-Repräsentationen abhängt (Experiment 4) und ob sie von änderungen der truth relevance auf der Trait-Ebene beeinflusst wird (Exp. 5 & 6). In Teil II untersuchen wir das Bedürfnis nach Selbstwertsteigerung als motivationale Grenze von Shared Reality. In 3 Experimenten kommunizieren die Teilnehmenden unter hohem (vs. niedrigem) Selbstschutzbedürfnis über ihre eigenen (erwünschten/unerwünschten) Verhaltensweisen mit einem Adressaten, der diese wohlwollend (vs. kritisch) interpretiert. Unter hohem (vs. niedrigem) Selbstschutzbedürfnis sollte eine geringere adressatenorientierte Beeinflussung des Gedächtnisses auftreten, v.a. für unerwünschte Verhaltensweisen. Zudem sollten selbstwertdienliche Verzerrungen mit (vs. ohne) Kommunikation stärker ausfallen. Die erwarteten Erkenntnisse haben hohe praktische Relevanz, z.B. für Verzerrungen von Augenzeugenerinnerungen oder Effekte von Kommunikation in Organisationen (z.B. über Leistungen von Mitarbeitern).
Echterhoff, Gerald | Professur für Sozialpsychologie (Prof. Echterhoff) |
Echterhoff, Gerald | Professur für Sozialpsychologie (Prof. Echterhoff) |