Transformation normativer Ordnungen durch Generationenbildung. Die Formation der gegenwärtigen Jugendgeneration in Deutschland - ostdeutsche, westdeutsche und Jugendliche muslimischer Herkunft im Vergleich

Grunddaten zu diesem Projekt

Art des ProjektesEigenmittelprojekt
Laufzeit an der Universität Münster01.01.2007 - 31.12.2012

Beschreibung

Das Projekt untersucht die Frage, wie kulturelle und religiöse Pluralität in einer Gesellschaft, die sich als eine säkulare versteht, politisch und sozial integriert werden kann. Gegenstand ist die gegenwärtige Jugendgeneration, wobei der Schwerpunkt zunächst auf der Analyse muslimischer Jugendlicher lag, die sich von eingesessenen vor allem durch eine höhere religiöse Bindung unterscheiden. Generell sehen sich Jugendliche, die religiösen Minderheiten oder Milieus angehören mit der Frage konfrontiert, wie man in Europa heute „modern" und „religiös" zugleich sein kann. Das gilt verstärkt für muslimische Jugendliche, die sich nicht nur gegen ein säkulares Selbstverständnis, sondern auch gegen eine negative Einstellung gegenüber dem Islam positionieren müssen: Spätestens seit dem 11. September 2001 sind sie spürbar mit Vorurteilen und Intoleranz konfrontiert. Repräsentative Befragungen in Deutschland und Europa belegen, dass diskriminierende Erfahrungen, die die Integration erschweren können, seither ansteigen. In den Fallrekonstruktionen wurde dieser Zusammenhang von Diskriminierung und Desintegration auf der Mikroebene beleuchtet. Religiöse Differenz, vor allem wenn sie durch Symbole wie das Kopftuch sichtbar wird, wird oft zum Anlass für Ausgrenzung. Gerade in der Phase der Adoleszenz, die wichtig für die Identitätsbildung, die Entwicklung von Zugehörigkeit und politischer Positionierung ist, ist es bedeutsam, ob die Mehrheitsgesellschaft diese Differenz anerkennen kann oder nicht. Die Interviews zeigen, dass das Problem in Schulen verstärkt wird, wenn Lehrer religiöse Differenz gar nicht oder nur als defizitär anerkennen. Zwei Deutungsmuster, die erklären warum Lehrer oftmals nicht in der Lage sind, einen differenzierten und dieses Problem reflektierenden Blick einzunehmen, wurden rekonstruiert: Zum einen reproduzieren sie als Teil der Mehrheitsgesellschaft ein „säkularistisches Bewusstsein" (Habermas); zum anderen nehmen sie kulturalistische Zuschreibungen vor und erkennen die muslimischen Schüler nicht in ihrer individuellen Besonderheit an. Die Frage, die weiter geklärt werden soll, ist: Unter welchen Bedingungen verändern sich solche Habitusformen, die auf der Vorstellung homogener Kulturen basieren? Wie entsteht Toleranz für Vielfalt und Anerkennung von Differenz? Die bisher vorliegenden Daten unter eingesessenen Jugendlichen legen eine weiter zu prüfende Hypothese nahe: Die beobachtete Toleranz gegenüber muslimischen und anderskulturellen Peers unterscheidet sich je nach Bildungsmilieu. Während Toleranz in höheren Bildungsschichten mit der Anerkennung von Differenz verbunden ist, scheint sie in niedrigeren Bildungsschichten auf dem Kontakt zum konkreten Anderen zu beruhen und Differenz auszublenden.

Stichwörternormativer Ordnungen; Herkunft; Generationenbildung

Projektleitung der Universität Münster

Gärtner, Christel
Exzellenzcluster 2060 - Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation