Die Zeit der Weimarer Republik gilt als eine Zeit großer politischer, aber auch kultureller Belastungen. Zu letzteren gehörte nicht zuletzt die kollektive Verarbeitung des millionenfachen Todes deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg. Die Bedeutung des militärischen Heldenkults für die politische Kultur der Weimarer Republik ist von der Forschung bereits herausgearbeitet worden. Der ‚zivile' Tod in der Weimarer Republik hat hingegen kaum wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden. Das Projekt will daher Antworten auf folgende Fragen geben: Welche Rolle spielte der Tod in der religiösen, ästhetischen und politischen Kultur der Weimarer Republik? Welche politisch-weltanschaulichen Auseinandersetzungen entzündeten sich an neuen Bestattungsformen wie der Feuerbestattung? Wie gestaltete sich das Verhältnis von religiöser Tradition und technischer Innovation im Hinblick auf Sterben, Tod und Trauer? Der Fokus der Untersuchung soll zunächst auf konkrete Praktiken im Umgang mit dem Tod im städtischen Raum der Weimarer Republik gelegt werden. Ausgehend von den Auseinandersetzungen um die Feuerbestattung und der Neuregelung von Friedhofsordnungen soll untersucht werden, inwiefern religiöse und freidenkerische Kräfte um die Deutung des Todes öffentlich miteinander rangen, aber auch, inwiefern weltanschaulich indifferente Dynamiken der Modernisierung und Stadtentwicklung auf den Wandel von Vorstellungen und Praktiken im Umgang mit dem Tod einwirkten. In einem zweiten Schritt soll sich dieser mikroanalytische Blick auf konkrete Vorgänge im urbanen Raum der Weimarer Republik dann zur Untersuchung größerer kulturgeschichtlicher Zusammenhänge der kollektiven Repräsentation des (zivilen) Todes in der Weimarer Republik weiten (Medizin, Ästhetik, Philosophie etc.).
Große Kracht, Klaus | Exzellenzcluster 2060 - Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation |
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