Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) können schwere Lebensmittel-assoziierte Infektionen des Menschen verursachen. Neben blutigen Diarrhöen kann es im Krankheitsverlauf von bis zu 10% der Patienten zur Entwicklung eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) kommen. EHEC vom Serotyp O104:H4 (EHEC O104:H4) wurde als Ursache des größten Ausbruchs in Deutschland (Mai-Juli 2011), bei dem 3842 Menschen infiziert wurden und von diesen 855 (22%) ein HUS entwickelten, identifiziert. Neben dem chromosomal integrierten Shiga Toxin 2-kodierenden Bakteriophagen trug EHEC O104:H4 ein pAA Plasmid, das das aggregative adherence fimbriae I cluster (AAF/I; ein charakteristischer Virulenzmarker von enteroaggregativen E. coli) kodiert und den engen Kontakt des Ausbruchsstamms an humane Epithelzellen vermittelt. Ziel unseres Projekts ist es, Faktoren und Mechanismen zu charakterisieren, die zu der besonders hohen Virulenz von EHEC O104:H4 beitragen. Mittels differentieller RNA-Sequenzierung (dRNA-seq), einer kürzlich etablierten Methode zur Hochdurchsatzanalyse des primären Transkriptoms, sollen sowohl bereits bekannte als auch neu zu entdeckende Virulenzmarker untersucht werden. Im ersten Teil unseres zweigeteilten Projekts werden wir die Bedeutung des pAA Plasmids für die EHEC O104:H4 Virulenz untersuchen. Der Einfluss von pAA auf die Schwere des Krankheitsverlaufs wurde durch die Beobachtung deutlich, dass der Ausbruchsstamm das pAA Plasmid im Krankheitsverlauf verlieren kann und dass dieser Verlust mit einer signifikant geringeren Progression zum HUS korreliert. Konkret soll die pAA Genregulation mit einem Fokus auf bekannte Virulenzmarker analysiert werden. Zusätzlich ist unsere Hypothese, dass das pAA Plasmid sowohl für sich allein als auch im Zusammenspiel mit chromosomal kodierten Faktoren eine wichtige Komponente für die hohe Virulenz ist. Deshalb werden wir den Einfluss des pAA auf das bakterielle Wachstum, Überleben und Biofilmbildung ebenso wie in der Wirt-Erreger-Interaktion bestimmen. Darüber hinaus werden wir die pAA-abhängige chromosomale Genregulation mittels vergleichender dRNA-seq Analysen von pAA-positiven und -negativen EHEC O104:H4 untersuchen. Im zweiten Teil sollen bisher unbekannte Determinanten der EHEC O104:H4 Virulenz bestimmt werden. Stammspezifische Virulenzgene (z.B. stx2, AAF/I cluster) sind zwar bereits identifiziert worden; wir gehen jedoch davon aus, dass auch die stammspezifische Regulation von gemeinsamen E. coli-Determinanten signifikant zur außerordentlichen Virulenz von EHEC O104:H4 beiträgt. Daher sollen mittels vergleichender dRNA-seq derartige Regionen identifiziert werden, die in EHEC O104:H4 gleichermaßen wie in anderen pathogenen oder kommensalen Stämmen vorkommen, aber unterschiedlich transkribiert werden. Zudem werden wir funktionelle Untersuchungen durchführen, um die Bedeutung der quantitativen und qualitativen Änderungen des Transkriptoms für die hohe Virulenz von EHEC O104:H4 zu bestimmen.
Berger, Petya | Institut für Hygiene |
Mellmann, Alexander | Institut für Hygiene |
Berger, Petya | Institut für Hygiene |
Mellmann, Alexander | Institut für Hygiene |