"s Bachmanns Anna und de Schmidte Karl" - Grammatik und Soziopragmatik inoffizieller Personennamen in Dialekten des Deutschen

Grunddaten zu diesem Projekt

Art des ProjektesGefördertes Einzelprojekt
Laufzeit an der Universität Münster01.05.2018 - 30.04.2021

Beschreibung

Das Projekt erschließt und untersucht erstmals systematisch die grammatischen Strukturen und die soziopragmatische Variation von inoffiziellen Personennamen in Dialekten des Deutschen. Damit sind Kombinationen aus Ruf- und Familiennamen bzw. inoffiziellen Beinamen wie der Müller Peter, s Meiers Rita oder Schulten Henn gemeint, die in der Unbeteiligten-Referenz auf Insider im typischerweise engen Netzwerk der Dorfgemeinschaft verwendet werden. Für diese Namen ist ausgeprägte konstruktionelle Variation sowohl dialektgeographisch als auch innerhalb des einzelnen dialektalen Systems festzustellen. Weder die Arealität noch die sprachstrukturellen und soziopragmatischen Faktoren, die die Variation bedingen, sind bisher ausreichend erforscht. Strukturell sind die onymischen Konstruktionen aus historisch-linguistischer und grammatiktheoretischer Perspektive aus mehreren Gründen interessant: Zum einen bilden sie den letzten Rückzugsort des Genitivs in den deutschen Dialekten und sollen in ihrer arealen Variation als eine wichtige, bisher kaum ausgewertete Quelle zur Staffelung des Genitivabbaus ausgewertet werden. Gleiches gilt für das Fortschreiten der Grammatikalisierung des Definitartikels bei Personennamen. Zum anderen repräsentieren die Varianten synchron verschiedene Zwischenstadien zwischen Phrasen und Komposita (s Müllers Peter vs. der Müllers Peter vs. der Müller Peter) und erhellen damit Übergangsphänomene zwischen Syntax und Wortbildung, die sonst v.a. für die historische Schriftlichkeit beschrieben wurden, erstmals in der Mündlichkeit unter Berücksichtigung z.B. prosodischer Merkmale (Variation im Hauptakzent: der ‘Müller Peter vs. s Müllers ‘Peter).Soziopragmatisch ist das Spektrum konstruktioneller Variation in den einzelnen Dialektsystemen dahingehend in den Blick zu nehmen, dass sich hier gesellschaftliche Distinktionen im Spannungsfeld zwischen sozialer Nähe und sozialer Zugehörigkeit sedimentiert haben. Schon jetzt zeigt sich, dass sich solche Distinktionen gerade in der Referenz auf weibliche Personen in verschiedenen Lebensabschnitten am deutlichsten ausgeprägt haben (junge Frauen als inalienabler Besitz). So sind in einigen Dialekten Genitivphrasen wie s Bachmanns Anna jungen unverheirateten Frauen vorbehalten.Zur Erschließung der Variation werden direkte und indirekte Erhebungsmethoden mit Auswertungen sekundärer Datengrundlagen (wie Dialektgrammatiken) kombiniert. Dabei werden sowohl bewährte Methoden der Dialektologie eingesetzt als auch Formate aus den Sozialwissenschaften wie Fokusgruppendiskussionen erprobt. Die Zeit drängt, weil die dialektalen Systeme wie andere kleinräumige basisdialektale Merkmale derzeit nur noch von älteren ortsfesten Personen abgerufen und aktiv angewendet werden können.

StichwörterLinguistik; Namenforschung; deutsche Dialekte; Morphologie; Syntax; Soziopragmatik
FörderkennzeichenDA 1506/1-1
Mittelgeber / Förderformat
  • DFG - Sachbeihilfe/Einzelförderung

Projektleitung der Universität Münster

Dammel, Antje
Professur für Sprachwissenschaft des Deutschen (Prof. Dammel)

Antragsteller*innen der Universität Münster

Dammel, Antje
Professur für Sprachwissenschaft des Deutschen (Prof. Dammel)