Die Fähigkeit des Zellkerns, ein breites Spektrum an mechanischen Signalen zu integrieren, ist für viele homöostatische und pathologische Prozesse von entscheidender Bedeutung. Die Mechanosensitivität des Nukleus ermöglicht es Zellen, ihre mechanische Umgebung effizient wahrzunehmen und mit Veränderungen von Signalkaskaden, der Positionierung des Zellkerns, der Chromatinorganisation sowie der epigenetischen und transkriptionellen Regulierung zu reagieren, um sich an eine veränderte physikalische Umgebung anzupassen. Es gilt als etabliert, dass die Mechanosensitivität des Zellkerns, zumindest zu einem großen Teil, auf einer multimolekularen Struktur beruht, die als LINC-Komplex bezeichnet wird. So wird angenommen, dass der LINC Komplex, der auf der nuklearen Membran lokalisiert ist, mechanische Kräfte auf den Zellkern überträgt aber auch als Adaptorprotein für zahlreiche Signalmoleküle fungiert. Obwohl die wesentlichen Bestandteile des LINC-Komplexes, wie die Nesprin-Giant Proteine an der äußeren Kernhülle und die SUN Proteine an der inneren Kernhülle, seit langem bekannt sind, ist ihre genaue Rolle für den Kraftübertragungsprozess noch immer kaum verstanden. Es ist nach wie vor unklar, wo und wann endogen exprimierte Nesprin-Proteine mechanischen Kräften ausgesetzt sind, wie die sehr großen Nesprin-Giant Isoformen zur Kraftübertragung beitragen und wie die verschiedenen Zytoskelett-Netzwerke und Bindungspartner ihre Fähigkeit zur Übertragung mechanischer Informationen beeinflussen. Um diese bedeutende Wissenslücke zu schließen, haben wir eine neuartige Strategie entwickelt und charakterisiert, um picoNewton-sensitive Biosensoren genomisch in Nesprin-Gene einzubringen und die molekulare Kraftübertragung in den resultierenden Zelllinien mit Hilfe von Lebendzell-FLIM-FRET quantifizieren zu können. Wir schlagen vor, diese neuartige Technologie anzuwenden, um die molekulare Mechanik von Nesprin-1-Giant und Nesprin-2-Giant in Zellen aufzuklären. In ersten Teil des Projektes werden wir die Kraftübertragung von Nesprin-2 in Keratinozyten untersuchen, welche intrazellulärem oder externem Stress ausgesetzt sind. Wir werden uns mit der Rolle von Zytoskelett-Netzwerken und potenziellen Modulatoren für die Kraftübertragung von Nesprin-2 befassen und die Nesprin-Mechanik während der Migration einzelner und kollektiv wandernder Zellen untersuchen. Im zweiten Teil werden wir die Experimente auf Nesprin-1 ausweiten und die Nesprin Isoform-spezifische Kraftübertragung in Muskelzellen analysieren. So soll die Mechanik von Nesprin-1 und Nesprin-2 in undifferenzierten und differenzierten C2C12-Zellen aufgeklärt, die molekularen Mechanismen der Kraftübertragungsregulierung untersucht und potenzielle Synergieeffekte durch Multiplexing vermessen werden. Insgesamt sollten die erwarteten Ergebnisse wichtige, dringend benötigte Einblicke in die grundlegenden Prinzipien der Kraftübertragung durch Nesprine an der Kernhülle liefern.
Grashoff, Carsten | Professur für Quantitative Zellbiologie (Prof. Grashoff) |
Grashoff, Carsten | Professur für Quantitative Zellbiologie (Prof. Grashoff) |