Institutionalisierung und Kontrolle von Märtyrerverehrung im 4. und frühen
5. Jh. n. Chr.
Grunddaten zum Promotionsverfahren
Promotionsverfahren erfolgt(e) an: Promotionsverfahren an der Universität Münster
Zeitraum: 01.10.2012 - 30.09.2016
Status: abgeschlossen
Promovend*in: Dahlmann, Alissa
Promotionsfach: Alte Geschichte
Abschlussgrad: Dr. phil.
Verleihender Fachbereich: Fachbereich 08 - Geschichte/Philosophie
Betreuer*innen: Hahn, Johannes
Beschreibung
In kirchenhistorischen Werken wird die Entwicklung der Märtyrerverehrung von den Anfängen bis zum Mittelalter als kontinuierlich verlaufender Siegeszug einer kirchlichen Institution dargestellt, wobei die initiierenden und partizipierenden Personen bzw. Gruppen stets als sekundär bewertet und der Märtyrerkult als vom sozialen Kontext losgelöste bedeutsame kultische Erscheinung der Spätantike betrachtet wird. Vor dem Hintergrund der religionspolitischen Umbrüche im 4. Jh. n. Chr. (der sogenannten Konstantinischen Wende) lässt sich jedoch ein divergentes Bild der zeitgenössischen Märtyrerverehrung fassen, welches mit den oftmals historisch geglätteten Darstellungen nicht übereinstimmt: Einerseits war es für die bischöflichen Gemeindevorsteher in Bezug auf die Organisation eines, im Rahmen der Universalkirche einheitlichen, liturgischen Alltags entscheidend, dass die „richtigen“, das heißt die als orthodox angesehenen Märtyrer, auf eine angemessene Art unter kirchlicher Aufsicht und klerikaler Anleitung geehrt wurden, weshalb sie versuchten ihre Kontrollkompetenzen dahingehend zu etablieren bzw. zu stabilisieren und auszuweiten. Andererseits standen einige Bischöfe dem Kult um die Blutzeugen skeptisch und zum Teil ablehnend gegenüber, infolge dessen sich in diesem Zusammenhang eine rege Diskussion zur Rechtmäßigkeit der Märtyrerverehrung allgemein herauskristallisierte, an welcher viele bedeutsame Kirchenvertreter, wie Athanasius von Alexandria, Basilius von Caesarea, Hieronymus und Augustinus von Hippo, partizipierten. Zudem existieren Belege für Auseinandersetzungen zwischen Bischof und Gemeinde bezüglich der zu verehrenden Märtyrer, sodass die Frage evident wird, welche Personen beziehungsweise Gruppen anhand welcher sozialer Mechanismen und auf welcher ideologischen Grundlage basierend im 4. und frühen 5. Jh. n. Chr. versuchten Kontrolle über den Märtyrerkult auszuüben. Des Weiteren wird zu klären sein, wann sich der Fokus der spätantiken pluralistischen Märtyrer- und Reliquienverehrung auf das mittelalterliche Phänomen einer kirchlich konstituierten und institutionalisierten materiellen Reliquienverehrung verengte und warum.
Betreuung an der Universität Münster