Analyse komplexer Systeme: Von stochstischen Zeitreihen zu Musterbildung in mikroskopischen fluidischen Systemen
Grunddaten zum Promotionsverfahren
Promotionsverfahren erfolgt(e) an: Promotionsverfahren an der Universität Münster
Zeitraum: bis 24.01.2014
Status: abgeschlossen
Promovend*in: Honisch, Christoph
Promotionsfach: Physik
Abschlussgrad: Dr. rer. nat.
Verleihender Fachbereich: Fachbereich 11 - Physik
Betreuer*innen: Friedrich, Rudolf; Peinke, Joachim; Heuer, Andreas; Thiele, Uwe
Beschreibung
Die vorliegende Dissertation besteht aus zwei Teilen, die sich beide mit der Analyse komplexer Systeme beschäftigen, der eine mit stochastischer Zeitreihenanalyse und der andere mit Strukturbildung in mikroskopischen Flüssigkeitsschichten. Der erste Teil behandelt eine Analysemethode, mit dessen Hilfe stochastische Ord- nungsparametergleichungen aus gemessenen Zeitreihen gewonnen gewerden können. Bei dieser Methode, Kramers-Moyal-Analyse genannt, können erhebliche Probleme auftreten, wenn die zeitliche Auflösung der Messdaten nicht hinreichend groß ist. Im Rahmen der Arbeit wird zunächst untersucht, was “hinreichend” in diesem Zusammenhang bedeutet und wo die Grenzen der Anwendbarkeit der Kramers-Moyal-Analyse liegen. Darüber hinaus wird die Analysemethode erweitert, um Messdaten mit kleiner Samplingfrequenz verlässlicher analysieren zu können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Abschätzung der Ungenauigkeit der gewonnenen Modellparameter. Diese erfolgt mittels einer Monte-Carlo-Fehlerfortpflanzungsmethode. Die weiterentwickelte Methode wird zunächst an Beispielen mit synthetisch erzeugten Daten getestet. Des Weiteren erfolgt eine Anwendung auf echte Messdaten aus einem Experiment mit optischen Pinzetten. In diesem Experiment wird ein mikrometergroßes Kügelchen, das in einer Flüssigkeit diffundiert, im Zentrum eines stark fokussierten Laserstrahls gefangen. Das Kügelchen vollführt dann eine brownsche Bewegung unter dem Einfluss einer externen Kraft, die durch den Lichtdruck des Lasers hervorgerufen wird. Dabei wird die Bewegung der Kügelchen wird mit einer CCD-Kamera gefilmt. Anschließend wird aus den aufgenommenen Bildern eine Zeitreihe der Positionen des Kügelchens bestimmt. Eine Analyse der Messdaten zeigt eine überraschend große Markov-Einstein-Zeitskala, die auf hydrodynamische Gedächtniseffekte zurückgeführt werden kann. Oberhalb dieser Zeitskala kann der Prozess durch Anwendung der weiterentwickelten Methode auf einen Ornstein-Uhlenbeck-Prozess abgebildet werden, was im Einklang mit der klassischen Theorie überdämpfter brownscher Bewegung steht. Im zweiten Teil der Arbeit wird ein Experiment aus der organischen Halbleiter- forschung theoretisch modelliert. In diesen Experimenten wird versucht, geordnete Strukturen dünner Schichten aus kleinen organischen, halbleitenden Molekülen auf ein Substrat aufzutragen. Letzteres erfolgt über eine Methode namens Organic Molecular Beam Deposition. Dabei werden die organischen Moleküle im Vakuum bei hohen Temperaturen sublimiert und kondensieren anschließend auf einem gekühlten Substrat. Um Strukturen auf dem Substrat zu erzeugen, wird dieses vorher mit anorganischen Substanzen vorstrukturiert, so dass die organischen Moleküle sich vorzugsweise an bestimmten Stellen ansammeln. Konkret werden Experimente betrachtet, in denen die Vorstrukturierung aus periodischen Goldstreifen auf einem SiO2-Substrat besteht. In Abhängigkeit der Geometrie der Vorstrukturierung und der Menge der aufgedampften Moleküle werden Instabilitäten beobachtet, die eine homogene Beschichtung der Gold- streifen verhindern. Um diese Experimente theoretisch zu beschreiben, wird eine sogenannte Dünnfilm- gleichung für die Zeitentwicklung des Höhenprofils der Schicht aufgedampfter Moleküle auf dem Substrat verwendet. Anhand dieser Gleichung wird die lineare Stabilität von stationären Lösungen untersucht, welche die Form von auf den Goldstreifen zentrierten Kämmen haben. Diese Stabilitätsanalyse erfolgt mittels numerischer Kontinuierung. Dabei werden zwei Instabilitäten gefunden, die auch in den Experimenten beobachtet werden. Bei zu geringen Mengen aufgedampfter Moleküle zerfällt ein Kamm in kleine Tropfen auf dem Streifen. Bei zu großen Mengen bilden sich große Beulen, die auch das Substrat zwischen den Goldstreifen bedecken. Für beide Instabilitäten werden außerdem direkte numerische Simulationen durchgeführt, um die volle nichtlineare Dynamik zu analysieren.
Betreuung an der Universität Münster
Publikationen im Promotionsverfahren entstanden
Honisch C, Lin T, Heuer A, Thiele U, Gurevich SV (2015) In: Langmuir, 31 Art der Publikation: Forschungsartikel (Zeitschrift) |