Dynastiebildung der Grafen zur Lippe und der Grafen von Waldeck im konfessionellen Zeitalter

Grunddaten zum Promotionsverfahren

Promotionsverfahren erfolgt(e) an: Promotionsverfahren an der Universität Münster
Zeitraum01.10.2014 - 30.09.2017
Statuslaufend
Promovend*inPieper, Lennart
PromotionsfachNeuere und Neueste Geschichte
AbschlussgradDr. phil.
Verleihender FachbereichFachbereich 08 - Geschichte/Philosophie
Betreuer*innenStollberg-Rilinger, Barbara

Beschreibung

Seitdem jüngere Forschungen für eine De-Essentialisierung von Dynastien plädiert haben, wächst der Frage, wie eigentlich soziale Ordnung innerhalb adliger Verwandtschaftsverbände zustande kam, neue Bedeutung zu. In diesem Projekt, das sich mit den Grafen zur Lippe und den Grafen von Waldeck im 16. und 17. Jahrhundert beschäftigt, werden die soziale Abschließung einer Dynastie sowie die Zuweisung bestimmter Rollenmuster als Ordnungsbehauptungen verstanden, die mittels bestimmter Praktiken und Repräsentationen reproduziert wurden. Zum einen geschah dies durch das konkrete Handeln der Akteure, etwa bei Eheschließungen oder der Vererbung von Herrschaft und Besitz. In diesem Zusammenhang bildeten sich bestimmte Normen aus, die in Form von Testamenten und Hausverträgen auch in schriftlich-gesatzte Form gegossen wurden. Zum anderen wurden in genealogischen Konstruktionen und Gründungsmythen Idealvorstellungen einer in sich geschlossenen, überzeitlichen Dynastie symbolisch dargestellt. In der Praxis lässt sich dagegen viel stärker ein konfliktbehafteter Aushandlungsprozess um die Deutungshoheit und die soziale Hegemonie feststellen. Beide Phänomene, die zunehmende Normierung und Verrechtlichung der dynastischen Beziehungen sowie die Symbolisierung der Dynastie mithilfe einer legitimationsspendenden Eigengeschichte, lassen sich bei den untersuchten Grafen ab dem ausgehenden Spätmittelalter fassen. Das Projekt interessiert sich vor allem dafür, wie sich aus der inhärenten Spannung zwischen Hierarchisierung und Kohäsion bestimmte dynastische Strukturtypen entwickelten. Wie gestalteten sich die Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern der Dynastie? Welche Regelungen zur Herrschaftsweitergabe und zur Eheschließung wurden getroffen und wie verhielten sich die Akteure dazu? Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Frage gelegt, inwiefern die Reformation einen Bruch in der ansonsten auf Kontinuität angelegten Ausbildung einer dynastischen Ordnung darstellte. Wie konnte etwa der Rückbezug auf das ‚Herkommen‘ seine Geltung trotz dramatischer Veränderungen in den Praktiken der Herrschaftsausübung, der verwandtschaftlichen Organisation oder auch der Memoria behalten? So bedeutete der Übergang zur neuen Lehre einerseits einen Wandel des Konnubiums und eine Einschränkung der Versorgungsmöglichkeiten für nachgeborene Söhne durch geistliche Ämter, ermöglichte jedoch andererseits neue Formen der dynastischen Integration. Auch bei der Frömmigkeitspraxis änderten sich die Parameter durch einen Verzicht auf Fürbitten für die Toten, wohingegen neue Formen wie Leichenpredigten und prächtige Epitaphien erweiterte Möglichkeiten der dynastischen Repräsentation boten.

Promovend*in an der Universität Münster

Pieper, Lennart
Exzellenzcluster 2060 - Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation

Betreuung an der Universität Münster

Stollberg-Rilinger, Barbara
Professur für Neuere und Neueste Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Frühen Neuzeit (Prof. Stollberg-Rilinger)